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Gefangen in der Gondelbahn


Familie Keitel aus Bielefeld saß drei Stunden in der Jenner-Seilbahn fest

Von Wolfgang Schäffer
Bielefeld/Berchtesgaden (WB). Diesen Urlaub wird die vierköpfige Familie Keitel aus Bielefeld wohl nie vergessen. Fast drei Stunden lang saßen sie in einer vom Sturm gepeitschten Gondel der Jennerbahn in den Berchtesgadener Alpen fest.
Die Seilbahn auf den Jenner bei Berchtesgaden läuft seit gestern wieder reibungslos.
Helfer der Bergwacht und vom Roten Kreuz kümmerten sich um die Wintersportler.

Es war der letzte Urlaubstag der Familie. Thomas Keitel (53), Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes, war mit Ehefrau Gunhild (39) und den beiden Töchtern Margarethe (»Gretchen«/6) und Charlotte (»Lotti«/7) am Neujahrstag zum Skifahren auf den 1873 Metern hohen Jenner bei Berchtesgaden gefahren.
Stürmisch war es schon, doch die Familie ließ sich den Spaß nicht verderben. Am frühen Nachmittag setze dann auch noch Tauwetter ein und es begann zu schneien. »Dicker, nasser Schnee«, erzählt Thomas Keitel, der dann nach einer letzen Abfahrt mit seiner Familie per Gondel ins Tal fahren wollte. Doch der Wind war zu stark. Die Bahn wurde aus Sicherheitsgründen gestoppt. Etwa 25 Urlauber und zehn Gastronomie-Angestellte mussten sich gedulden. Gegen 16 Uhr wurde die Fahrt gewagt. Immer drei Personen wurden aus Gewichtsgründen in die Zweier-Kabinen gesetzt.
Gretchen, die Jüngste der Familie, sah sich plötzlich mit zwei fremden Frauen in einer Gondel. Vater, Mutter und Schwester Lotti saßen in einer anderen. »Unsere Kabine wurde als erste losgeschickt. Schon am ersten Stützmast schlugen wir aufgrund der Schaukelbewegungen der Kabine an. Da hatten wir schon ein mulmiges Gefühl«, macht Keitel keinen Hehl aus seinem Unbehagen. Dann gab es dann einen heftigen Ruck und die Bahn kam zum Stillstand. Eine starke Windböe hatte am so genannten Spinnergraben im oberen Bereich der Bahn ein Seil aus der Rollenführung springen lassen. Während die Wintersportlern in den Kabinen die Ursache des Stopps zunächst nicht mitbekamen, wussten die Mitarbeiter der Bahn schnell, was passiert war. Innerhalb kurzer Zeit waren die ersten Techniker an der Stelle, wo das Seil neben der Führung lag. Doch um den Schaden zu beheben und die Bahn wieder zum Laufen zu bringen, war schweres Gerät notwendig. So mussten die Skifahrer weiter in den engen Kabinen ausharren, wurden dabei mit Lautsprecherdurchsagen über die Ursache des Stillstands und den Fortgang der Arbeiten informiert. Während sich Vater (»Ich hatte mich schon auf eine Nacht in der Gondel eingestellt«) und Mutter um Lotti kümmern konnten, nahmen sich die beiden Frauen in der anderen Kabine Gretchen an. »Ute und Britta haben mit mir gespielt und waren auch ganz nett zu mir, als ich auch noch brechen musste«, erzählt die Sechsjährige. Nach drei Stunden konnte sie wie auch die anderen Urlauber an der Mittelstation die Gondel endlich verlassen.
Gestern Abend kamen die Keitels wohlbehalten in Bielefeld an, wo sich Lotti und Gretchen als erstes vorm Weihnachtsbaum mit ihren Geschenken vergnügten.

Artikel vom 03.01.2007