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Kein Haustier zum Kuscheln
Besonderes Hobby: Mara Bach (16) hat ein großes Herz für Vogelspinnen
Was ist das? Es hat einen dunkelblau schillernden Panzer, einen orangeroten Pelz am Hinterleib und frisst am liebsten fette Heimchen und saftige Grillen? Ganz schön knifflig - aber nicht für Mara Bach aus dem Bielefelder Ortsteil Senne. Die 16-jährige Schülerin beherbergt nämlich ein Exemplar dieser Spezies zwischen ihren Büchern im Regal: Die Rede ist von einer blauen Venezuela Vogelspinne: »Chromatopelma cyanopubescens«, verrät Mara die korrekte biologische Bezeichnung.
Wer Angst vor Spinnen hat, wird sich im ersten Moment vielleicht vor der imposanten Größe des Tieres erschrecken: Allein der Körper misst bei einem ausgewachsenen Exemplar sieben Zentimeter, der Beindurchmesser beträgt 15 Zentimeter. Und sie ist giftig. »Bei der richtigen Haltung gibt es aber keine Probleme«, betont Mara entspannt. Seit dem vergangenen Frühling ist sie »Spinnenmutter«. Ihren Schützling hat sie augenzwinkernd »Frau Meneghini« getauft, nach einer Bekannten mit Spinnenphobie. »Frau Meneghini« wohnt nun in einem 30 mal 30 Zentimeter großen Terrarium aus Glas, das rundum geschlossen ist - zumindest bis auf zwei feinmaschige Metallgitter, die der Frischluftzufuhr dienen.
»Auf die Hand nehmen würde ich sie nie.« Dabei hat sie keine Angst vor, sondern um ihre giftige Gesellin. »Sie kann sich extrem schnell bewegen, und wenn ich mich erschrecke und sie fallen lasse, könnte ihr etwas passieren.« So bleibt »Frau Meneghini« sicher untergebracht in ihrem kleinen Glaspalast - zum Wohle aller Mitbewohner. Denn ganz ungefährlich ist die eindrucksvolle Vogelspinne nicht. »Man merkt schnell, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlt: Dann richtet sie sich drohend auf den Hinterbeinen auf.« Nur wer seine Finger nicht sofort zurückzieht, dem droht ein kräftiger Biss mit den fast zentimeterlangen Beißwerkzeugen, den Chelizeren. Mara hat sich sagen lassen, der giftige Biss sei mit einem Wespenstich vergleichbar - gefährlich ist er aber nicht.
Erst wenn eine Chromatopelma sich weiterhin bedroht fühle, werde es brenzlig. Denn dann startet die verzweifelte Spinne einen wahren »Luftangriff«: Sie streift mit den Hinterbeinen Brennhaare von ihrem Hinterleib, dem Abdomen, und die schweben dann wie Pollen durch die Luft. »Landen sie auf deiner Haut, dann brennt es ziemlich. Aber wenn du sie einatmest, dann schwellen deine Schleimhäute so schnell zu, dass du zu ersticken drohst.«
Vorbehalte gegen Maras achtbeinige Zimmerkameradin halten nicht lange. Viel zu aufregend ist es, das faszinierend fremdartige Geschöpf zu beobachten. »Meine Eltern zum Beispiel hatten anfangs auch Bedenken. Aber kaum war ÝFrau MeneghiniÜ bei mir eingezogen, da hatten sie schon die besten Plätze am Terrarium belegt«, schmunzelt sie. Besonders spannend ist es, die Spinne bei der Jagd zu beobachten, denn sie frisst nur Insekten, die sie lebend gefangen hat - Grillen oder Heimchen, zum Beispiel. Hunger hat eine Vogelspinne nur alle paar Tage. »Das macht sie aber auch wieder pflegeleicht: Theoretisch kann sie ein Jahr ohne Nahrung überleben - da darf ich problemlos mal ein paar Wochen in Urlaub fahren«, berichtet Mara. Oder vielleicht einmal auf Tournee: In ihrer Freizeit, von der ihr unkompliziertes Haustier wenig beansprucht, singt sie im Gospelchor ihrer Schule und spielt Schlagzeug in der Band »Fallen from Grace«. Kendra Taktak

Artikel vom 06.01.2007