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Alter Sennekotten in neuem Glanze

Feuchte Wände: Auch dieses »nasse Element« geht die Sennestädter DLRG sehr erfolgreich an

Von Annemargret Ohlig
(Text und Fotos)
Sennestadt (WB). Ärmel aufkrempeln, ausräumen, entkernen. Als dieses Kommando am 24. Juli des vergangenen Jahres fiel, waren Vorstand und »harter Kern« der DLRG-Ortsgruppe Sennestadt hoch motiviert und optimistisch. Der mehr als 180 Jahre alte Fachwerkkotten am Eckardtsheimer Freudweg, über dem seit Jahren das Damoklesschwert des Abrisses schwebte, würde endlich hergerichtet und zum schmucken Vereinsheim werden können.

Dass die Rettungsschwimmer jedoch gleich zu Anfang ihrer Renovierungsarbeiten »ins Schwimmen« gerieten, damit hatte niemand gerechnet. Denn: Als die Hobby-Handwerker begannen, den Fußboden des 1823 gebauten Kottens freizulegen und zunächst zwei Lagen speckigen Teppichboden, dann eine Lage durchgetretenes Linoleum sowie als letztes alte Holzbohlen von der Balkenunterlage »schälten«, zeigte sich das ganze Elend. Der Unterbau, der eigentlich den Fußboden tragen sollte, war durch und durch morsch und verrottet.
»Wahrscheinlich haben wir es nur den vielen übereinander gelegten Bodenbelägen zu verdanken gehabt, dass wir nicht schon vorher durch die vermoderten Bohlen und Balken eingebrochen sind«, berichtet Torsten Boberg, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe. Und auch als die Tapeten von den Wänden gelöst wurden, war die Situation eine ähnlich desolate: Alles war feucht, der alte Putz bröckelte in Placken von den Wänden.
Dass die Schwimmsportler auch in diesem anderen, weniger geschätzten »feuchten Element« kämpfen können, bewiesen sie - allen voran Kottenwart Manfred Sturm. Der 66-jährige und Ekke Thoeldtau als »Handwerker vom Dienst«, sowie Torsten Boberg als Elektriker und viele weitere engagierte Mitglieder der Sennestädter DLRG, rackerte und sanierten, schleppten Splitt und malerten, errichteten einen neuen Holzbohlenunterbau und zogen ein offenes Holzfachwerk, statt der maroden Wände ein.
Insgesamt 1500 ehrenamtliche Arbeitsstunden investierten die Schwimmer in die Sanierung des Kottens, hat Brigitte Blödorn, zweite Vorsitzende, für die Vereinsstatistik errechnet und festgehalten. Als dann am 11. Dezember, wie schon im Sommer noch unter anderen Voraussetzungen geplant, das so genannte »Abschwimmen« in Form eines fröhlichen Festes im Vereinsheim tatsächlich stattfand, waren die Freizeit-Handwerker nicht nur fix und fertig, sondern auch begeistert über das ansehnliche und gemütliche Ergebnis.
»Leider habe ich auf den letzten Drücker, als ich die allerletzte Steckdose in der Küche anbringen wollte, dabei noch eine Wasserleitung angebohrt«, erzählt Torsten Boberg. Dass auch ihm, dem Fachmann, solche unsäglichen Pannen passieren können, ärgert ihn inzwischen nicht mehr, denn der Schaden konnte schnell behoben werden. »Kein Mensch weiß, wie und wo hier hinter den alten Verkleidungen die Rohre verlegt wurden«, wundert er sich noch heute, dass bei den Arbeiten nicht mehr Pannen passiert sind.
Doch nicht nur Brigitte Blödorn, auch Manfred Sturm hat Buch geführt. Um aus dem 180 Jahre alten maroden Kotten, der ursprünglich zu Sende gehörte und die Nummer 208 trug, ein gemütliches und ganz besonderes Vereinsheim zu machen, mussten zwölf Tonnen Splitt als eine Art Drainageschicht verteilt, 90 Quadratmeter Gehwegplatten und Bitumenschweißbahnen (vom Dachdecker) als Feuchtigkeitssperre verlegt werden. Außerdem wurden 50 Kilogramm Haftgrund und 475 Kilogramm Reibeputz verarbeitet und vieles andere mehr.
Besonders stolz sind die DLRG'ler auf das offene Fachwerk aus Eichenbalken. Das haben sie statt der maroden alten Wände fachmännisch eingezogen. Die gemütliche Einrichtung, einschließlich der neue Küche in dem 120 Quadratmeter großen Kotten, ist durch Spenden zusammengekommen. »Besonderer Dank gilt dabei unserem Ex-Vorstandsmitglied Bernd Stücker«, sagt Torsten Boberg. Der inzwischen 81-Jährige, der noch bis 2005 aktiver DLRG-Übungsleiter war, habe durch eine großzügige Finanzspritze manches möglich gemacht.
Dass es den alten Fachwerkkotten aber überhaupt noch gibt, das haben Vorstand und engagierte Vereinsmitglieder erst möglich gemacht. Das Gebäude, das die Stadt mit dem Gelände für die neue Kläranlage 1988 gekauft hatte und dass als Baubüro genutzt wurde, hätte eigentlich nach Fertigstellung der Anlage abgerissen werden müssen. Boberg: »Wir hätten damals schon gerne den Kotten für den symbolischen einen Euro gekauft, aber laut Landesgesetz NRW darf es im Umkreis einer Kläranlage von 300 Metern keine Wohnbebauung geben.«
Doch die Schwimmer kämpften um »ihr« Vereinsheim - bis jetzt die erlösende Genehmigung kam: Solange sich das alte Fachwerkgebäude in Stadtbesitz befindet, braucht es nicht abgerissen zu werden.

Artikel vom 02.01.2007