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Ein Besuch mit Folgen: »Das wird meine Frau«

Die Pilzexperten Irmgard und Willi Sonneborn feierten jetzt ihre Diamantene Hochzeit

Senne (oh). Es war eine Einladung mit weit reichenden, gleichwohl überaus erfreulichen Folgen. Denn: Als Willi Sonneborn dankbar das Angebot der Familie Fleischmann annahm, sie zu besuchen, traf es ihn wie der Blitz, als er die 23-jährige Tochter des Hauses sah.

»Irmgard saß im Wohnzimmer auf dem Sofa und ich wusste sofort: Das wird meine Frau«, erinnert sich der 82-Jährige an diese erste Begegnung 1945. Ein Jahr später, am Heiligabend 1946, hatte er sein Ziel erreicht: An diesem Tag heirateten die beiden standesamtlich, am zweiten Weihnachtstag dann auch kirchlich.
Und so kam es, dass Irmgard und Willi Sonneborn Weihnachten 2006, gemeinsam mit ihren drei Kindern Martin, Johannes und Regina, sieben Enkeln und einem Urenkel sowie deren »Zubehör«, das seltene Fest der Diamantenen Hochzeit feiern konnten.
Es war kein einfaches Vorhaben, das sich der junge »Habenichts« Sonneborn vor 61 Jahren in den Kopf gesetzt hatte. Der gebürtige Wuppertaler, der in den Niederlanden aufgewachsen ist, dort aber nach dem Krieg »nicht wieder hereingelassen wurde«, stieß mit seinen Heiratsabsichten bei Fräulein Fleischmann auf Granit. »Ich wollte damals einfach nicht heiraten«, erklärt die 84-Jährige. »Aber er ließ nicht locker, kämpfte um mich.«
Erfolgreich, wie man nach sechs Jahrzehnten glücklicher Ehe feststellen kann. Auch wenn die Hochzeit selbst unter keinem guten Stern stand. »Am Tag unserer standesamtlichen Trauung gab es in der Wohnung einen Wasserrohrbruch«, erzählt Irmgard Sonneborn. Und am Tag, als das Paar den kirchlichen Segen erhielt, habe es eine weitere Panne gegeben, ergänzt Ehemann Willi. »Zwei Kutschen waren für die Fahrt von der Wohnung zur Pauluskirche bestellt. Eine davon hatte einen Achsbruch, so dass mein Schwiegervater mit auf dem Kutschbock sitzen musste.«
Dafür war aber die Braut wunderschön. »Damals, 1946, gab es diese ÝTauschzentralenÜ. Wir haben Zucker gegen weiße Fallschirmseide getauscht, aus der mein Hochzeitskleid genäht wurde«, erzählt Irmgard Sonneborn. Für ein Festmahl war ebenfalls gesorgt. Der junge Ehemann, der mit einem geliehenen Anzug vor den Traualtar trat, hatte monatelang seine Fleischmarken gehortet. Damit konnte er dann den etwa ein Kilogramm schweren Hochzeitsbraten beziehen. Die Brautführer brachten die Kartoffeln mit.
»Auch die Geschenke waren der damaligen Zeit angepasst«, erzählt die 84-Jährige. »Holzteller, ebenso mein Brautstrauß, der aus einer Alpenveilchenblüte und je einem Stengel Flieder und Fettehenne aus drei verschiedenen Gärtnereien bestand.«
Der Start in die Ehe war, wie bei den meisten jungen Paare in der damaligen Zeit, schwierig. Willi Sonneborn, der in Holland in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet hatte, und die junge Ehefrau Irmgard, gelernte Verkäuferin und Filialleiterin in einem Geschäft des »Bielefelder Haushaltsvereins«, führten jahrelang ein Lebensmittelgeschäft im Bielefelder Westen. Für das gemeinschaftliche Engagement in der pilzkundlichen Arbeitsgemeinschaft des Naturwissenschaftlichen Vereins sowie als Ehrenamtliche im Beraterstab des Regierungspräsidenten und viele weitere Engagments erhielten die Sonneborns 2001 das Bundesverdienstkreuz.

Artikel vom 30.12.2006