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Heilquelle OWL: In ihren Händen
liegt die Gesundheit der Spieler

Die Ärzte Broy, Pöhlmann und Sander sind im weltmeisterlichen Einsatz

Von Lars Krückemeyer
und Volker Krusche
Lemgo/Minden (WB). »Der Halli weiß, dass wir Handball-Verrückte sind und diese Aufgabe natürlich bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land wahrnehmen.« Der Halli, das ist Dr. Berthold Hallmeier, leitender Arzt des Deutschen Handball-Bundes (DHB) , und der kann sich eben auf die heimischen Mannschaftsärzte Dr. Volker Broy (TBV Lemgo/zudem auch DHB-Arzt), Dr. Jörg Pöhlmann und Dr. Karl-Friedrich Sander (beide GWD Minden) verlassen.

Das Trio aus Ostwestfalen-Lippe kümmert sich in Halle, Lemgo und Bremen als WM-Ärzte um die medizinische Betreuung auf verschiedenen Ebenen.
So fahren die eingespielten GWD-Ärzte zu den Begegnungen nach Bremen, wo sie in der Vorrunde Spanien, Katar, Ägypten und Tschechien sehen werden, während ihr Lemgoer Kollege in Halle und Lemgo vor Ort sein wird. »Wir sind natürlich nicht der Ersatz für die Mannschaftsärzte, sondern helfen, wenn eine logistische Unterstützung gebraucht wird. Wenn etwas passieren sollte, müssen wir wissen, wer wo hin gebracht wird. Das bezieht sich auf alle medizinischen Dinge, die passieren können. Auch wenn einem Zuschauer etwas zustoßen sollte, sind wir zur Stelle«, erklärt Pöhlmann, der mit Sander zwei Stunden vor einem Spiel in der Halle sein und stets telefonisch abrufbar sein muss.
Volker Broy hat im Vorfeld der WM vom 19. Januar bis 4. Februar alles dafür getan, dass bei den Spielen im Gerry-Weber-Stadion die ärztliche Infrastruktur zur Behandlung aller möglichen Verletzungen gewährleistet ist. »Wir haben es in Halle einmal erlebt, dass wir für einen Spieler, der sich das Knie verdreht hatte, im Umkreis von 50 Kilometern kein Tomogramm bekommen haben, weil jeder meinte, dass sei kein Notfall. So eine Peinlichkeit können wir uns als WM-Ausrichter nicht erlauben, wir betreuen hier schließlich Berufssportler. Als sich Florian Kehrmann zum Beispiel die Hand gebrochen hat, konnten wir 36 Stunden eher operieren, das ist wertvolle Zeit«, erklärt Broy, der besonders darauf hinwies, dass sich die WM-Ärzte vor allem in Fragen von Medikationen nicht in teaminterne Dinge einmischen werden. »Wir sorgen lediglich für reibungslose Abläufe und wollen es so gut machen wie bei der Europameisterschaft 2006 in der Schweiz. Zurückhaltend, aber sofort zur Stelle sein, wenn es nötig ist.«
Was die immens hohe Belastung der Nationalspieler durch die Spiele in ihren Vereinsmannschaften und den jährlichen Turnier-Stress bis hin zu einer sportlich fragwürdigen Klub-EM im November angeht, so sehen sich die Ärzte einem Interessenkonflikt zwischen Gesundheit der Spieler und Spielfähigkeit für den Verein ausgesetzt. »Wir entscheiden natürlich nicht, was nicht zu verantworten ist. Aber wir versuchen jetzt, uns als Handball-Ärzte zusammen zu tun, und den DHB weiter auf das Problem dieser Planung hinzuweisen. Ich denke nicht, dass wir machtlos sind«, erläuterte Pöhlmann.
Dass sich die Spieler angesichts einer Weltmeisterschaft, die von vielen als beste WM aller Zeiten bezeichnet wird, natürlich trotzdem voll reinhängen werden, steht für TBV-Kenner Broy außer Frage. Er sieht andere Leidtragende der übertriebenen Terminfülle - die National- und Vereinstrainer, die für den Erfolg verantwortlich sind. Broy: »Die Spieler freuen sich tierisch auf die WM und viele werden auch ein gutes Turnier spielen. Die Spieler fallen eher nach als während des Turniers in ein Leistungsloch.«

Artikel vom 06.01.2007