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Die Maschine
wäscht nur mit
kaltem Wasser

Folge III: Jasmin berichtet aus Chile

Von Jasmin Grotefeld
Lübbecke/Chile (WB). Ein Jahr lang verbringt die 16-jährige Jasmin Grotefeld in Chile. Besonders aufregend und neu war für die Lübbeckerin natürlich der erste Schultag und das Tragen der Schuluniform. Doch aufgefallen ist sie trotzdem, erzählt die Schülerin.

Denn meine blonden Haare, die man hier normalerweise nicht findet, haben schon dafür gesorgt, dass sich alle Blicke nur auf mich richteten. Ich habe zwar nichts von dem verstanden, was geredet wurde, aber doch meistens durch die auffallenden Blicke der anderen mitbekommen, wenn ich das Thema war. Die Anwesenheit von Maria, meiner Gastschwester, hat mir da doch sehr geholfen, mich ein wenig wohler zu fühlen.
Meine Schule ist eine Privatschule, sehr klein, und die etwa 320 Schüler sind sechs bis 19 Jahre alt. Nach der Schule komme ich jeden Tag um etwa 17 Uhr im Haus meiner Gastfamilie an.
Die Verständigung war mein größtes Problem, und die fand zunächst nur auf Englisch statt, obwohl das auch manchmal nicht so einfach war, da die Englischkenntnisse der Chilenen generell nicht so gut sind. Also gab es in der Schule zu Anfang nur einzelne Personen, mit denen ich reden konnte, und zu Hause war Maria meine Dolmetscherin. Natürlich hatte ich auch mein Wörterbuch immer dabei. Und obwohl ich gedacht hatte, ich würde niemals Spanisch lernen, wurde es von Tag zu Tag einfacher.
Nach ein paar Wochen habe ich angefangen, etwas davon zu verstehen, was die Leute um mich herum sagten und etwas später fing ich selbst an zu reden und Sätze zu bilden. Einen Spanischkurs habe ich aber nicht gemacht und dadurch war vieles, was ich zu Anfang gesagt habe, falsch. Verstanden wurde ich aber meistens trotzdem und das ist ja das Wichtigste.
Die Eingewöhnung in das neue Land und die neue Kultur war nicht einfach. Zum Beispiel brgrüßt man eine Person immer mit einem angedeuteten Kuss auf die rechte Wange (Frau-Frau, Frau-Mann, Männer unter sich geben sich die Hand) - selbst Personen, die man zum ersten Mal sieht, und in der Schule alle Lehrer vor der Stunde und dann beim Abschied. Wenn man das vergisst und einfach nur »Hallo« sagt, dann ist das unfreundlich.
Für mich auch sehr interessant war, dass meine Gastfamilie Schnecken züchtet. Das hatte ich vorher noch nie gesehen. Die Schnecken werden verkauft, und soweit ich das verstanden habe wird aus dem Schleim später Creme und Shampoo gemacht.
Eine weitere Sache, die ich nicht gewohnt war, dass man die Wäsche mit der Hand waschen muss, bevor man sie in die Waschmaschine steckt, da diese nur mit kaltem Wasser wäscht.
Das Wetter war noch sehr gut, obwohl es auf den Herbst zuging, denn die Jahreszeiten sind hier entgegengesetzt. Als ich in Deutschland in das Flugzeug stieg, lag Schnee. Aber als ich nach 17 Stunden wieder ausstieg, waren es 30 Grad. Doch mit der Zeit wurde die Hitze weniger, denn nun ging es auf den Winter zu.
Das Haus meiner Gastfamilie ist sehr groß und der landwirtschaftliche Betrieb meines Gastvaters (Obstplantagen) und die Schnecken sind direkt nebenan. Ich habe eine eigenes Zimmer und auch ein eigenes Bad. Der Lebensstandard meiner Gastfamilie liegt über dem Durchschnitt.
Außerdem sehr ungewohnt war, dass es keine Heizung gibt. Das war für mich doch ein Problem, obwohl es nicht so kalt wird wie in Deutschland und es nicht mal in der Nacht unter null Grad werden. Oft war es im Winter (Juli) nachmittags draußen wärmer als im Haus. Zu Anfang konnte ich die Temperatur nie einschätzen, aber dann haben mir meine Eltern aus Deutschland ein Paket geschickt, in dem auch ein Termometer drin war.
Also kam es dann öfter vor, dass ich morgens aufgewacht bin und das Termometer 11 Grad anzeigte. Die niedrigste Temperatur im ganzen Winter, die ich in meinem Zimmer hatte, waren 8 Grad am Morgen.

Artikel vom 30.12.2006