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Eine Stadt baut sich einen Rekord

Kürbis-Pyramide, Große Koalition, NWD-Zukunft, Unwetter und immer wieder MARTa

Von Bernd Bexte
Herford (HK). Nach der Party kommt der Kater: Das fulminante MARTa-Eröffnungsjahr im Gedächtnis, gab es 2006 für die Verantwortlichen und die Bürger in Sachen MARTa so manch unangenehme Überraschung. Das Vorzeige-Projekt an der Goebenstraße prägte auch im abgelaufenen Jahr die öffentliche Diskussion. Doch in Herford ereignete sich 2006 noch viel, viel mehr. . .

Januar
Ein Großbrand zerstört in der Nacht zum 5. Januar ein unbewohntes Landhaus in Schwarzenmoor. Menschen werden nicht verletzt. Die Löscharbeiten dauern fast 14 Stunden. Brandursache ist offenbar ein technischer Defekt. Der Schaden wird auf mehr als 100 000 Euro geschätzt.

60 Jahre CDU im Kreis Herford: Auch Landesvater Jürgen Rüttgers gratuliert. 740 Mitglieder und Gäste feiern im Schützenhof.

Februar
Christa Wille-Möller wird neue Leiterin des KMG. Die 52-Jährige, gebürtig aus Bielefeld, war zuvor viereinhalb Jahre stellvertretende Direktorin am Steinhagener Gymnasium. Sie ist Nachfolgerin von Dr. Ernst-Dieter Köpper.

März
Der neue Kollektionskatalog von Doris Hartwich (F.W. Brinkmann) sorgt für Aufregung. Die Abbildung des Schauspielers David Gant in Jesus-Pose am Kreuz stößt auf heftigen Protest von gläubigen Christen. Brinkmann distanziert sich von den Fotos, hält Werbemittel zurück, Hartwich entschuldigt sich und verändert den Internet-Auftritt.

April
Die Herforder Sulo GmbH und Cleanaway schließen sich zusammen. Mit der juristischen Zusammenführung der Cleanaway Deutschland AG & Co. KG (Hamburg) und der Sulo GmbH entsteht das zweitgrößte Entsorgungsunternehmen in Deutschland und die Nummer fünf in Europa (8000 Beschäftigte, davon 700 in Herford). Der Entsorgungsdienstleister firmiert unter dem Namen Sulo GmbH. Die Standorte Herford und Hamburg teilen sich zentrale operative und administrative Aufgaben. Formal wird der Unternehmenssitz in Hamburg sein. Die Leitung übernimmt Jürgen Rauen als Chief Executive Officer (CEO), bislang Vorsitzender der Geschäftsführung der Sulo-Gruppe.

Mai
Nach wochenlangen Verhandlungen verständigen sich die Spitzen von CDU und SPD auf eine Zusammenarbeit. Erstmals in seiner Geschichte regiert damit im Herforder Rat eine Große Koalition. Ihre erste Bewährungsprobe besteht die Koalition am 19. Mai: Geschlossen verabschieden die 35 Mitglieder von CDU (19) und SPD (16) den Haushalt 2006.

Eine Institution schließt Ende Mai: Das Jugendzentrum »Fla-Fla«, Treffpunkt für viele Generationen Jugendlicher. Das Gebäude wird abgerissen. Hier entsteht unter anderem ein »Pit-Stop«.

Der Besitzer eines Mehrfamilienhauses an der Komturstraße entdeckt am 15. Mai im Keller einen toten Säugling. Gegen die noch unbekannte Mutter ermittelt die Mordkommission Bielefeld wegen Totschlags. Unterdessen bekommt das Baby, dessen Herkunft ungeklärt ist, vom Herforder Standesamt den Namen »Leon Frühling«. Als Geburtsdatum wird der 5. Mai festgelegt. »Leon« findet auf dem Friedhof »Ewiger Frieden« seine letzte Ruhestätte. Wenige Tage später ermittelt die Polizei die Mutter des Säuglings. Es handelt sich um eine 24-jährige Frau, die nahe des Fundortes der Kindsleiche in der Innenstadt wohnt. Hinweise aus der Bevölkerung sowie Ermittlungen im Umfeld führten die Beamten auf die Spur. Weil ihre Schwangerschaft in ihrem Umfeld nicht bekannt gewesen sei, habe sie Schwierigkeiten befürchtet. Da nicht sicher ist, ob das Kind bei der Geburt noch gelebt hat, stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen Totschlags später ein.

Das Projekt »Historisches Museum Herford« (MaM) soll Schritt für Schritt umgesetzt werden. Der Rat stimmt der Konzeption und dem dadurch benötigten weiteren Raumbedarf für das Museum am Münster zu.

MARTa wird noch einmal deutlich teurer als geplant: Die jetzt ermittelten Baukosten liegen mit 30,5 Millionen Euro um 1,7 Millionen Euro über der im Dezember 2004 kalkulierten Summe. Darüber hinaus ist bei den Betriebskosten für das Jahr 2005 ein Fehlbetrag in Höhe von 550 000 Euro aufgelaufen. Ein Jahr nach Eröffnung des Museums liegt immer noch keine Abschlussrechnung vor. Die neuerliche Erhöhung um voraussichtlich 1,7 Mio. Euro ist laut Bürgermeister Bruno Wollbrink der »am schlimmsten anzunehmende Fall«. Finanziert werden soll das Defizit aus Mitteln der städtischen »Herforder Beteiligungs GmbH« (HBG). Der städtische Haushalt werde nicht belastet.

Juni
Und wieder MARTa: Im laufenden Jahr werden sich die Betriebskosten auf einen Betrag um 3 Millionen Euro einpendeln. Das Defizit würde sich damit gegenüber dem Vorjahr etwa verdoppeln. Alle Ratsparteien äußern auf einer Sondersitzung ihre Unzufriedenheit über die MARTa-Mehrkosten. Mehrheitlich stimmen sie aber sowohl der Finanzierung der Baumehrkosten in Höhe von jetzt 1,25 Mio. Euro als auch des Jahresfehlbetrags von 562 000 Euro zu.

Herford feiert die Klinsmann-Herford feiert die Klinsmann-Elf bei der Fußball-WM. Die Markthalle wird beim »Public viewing« zur Party-Zone.

Juli
Die »Sommerbühne« lockt erneut tausende Musik-Fans zu Konzerten auf den Rathausplatz, allerdings nicht genügend: Der Auftritt von Nena ist aus wirtschaftlicher Sicht für die veranstaltende »Pro Herford« ein Flop. Etwa 3000 nicht verkaufte Tickets fehlen als Einnahme. Unterm Strich macht die Stadtmarketinggesellschaft ein Jahresminus von 832 000 Euro.

Herford erlebt am frühen Abend des 27. Juli ein noch nie dagewesenes Unwetter: Zahlreiche Keller und Straßen werden überflutet, auch Blitze verursachen hohe Schäden.

August
Kreisbrandmeister Dieter Wilkening wird mit einem Zapfenstreich in seinem Heimatort Kirchlengern verabschiedet. Fast 1000 Blauröcke aus dem Kreis verabschieden den 60-Jährigen nach 43 Dienstjahren, davon 19 Jahre als Kreisbrandmeister. Sein Nachfolger wird Wolfgang Hackländer aus Hiddenhausen.

September
Der Vorsitzende des Vereins für Herforder Geschichte, Eckhard Wemhöner, stößt die Diskussion um das Museum am Münster erneut an. Der Verein will das Museumsgebäude am Münster nach dem Konzept von Prof. Matthias Wemhoff in einem Modulsystem bauen. Einzelne Bauabschnitte werden nur dann umgesetzt, wenn die finanziellen Mittel dem Geschichtsverein tatsächlich zur Verfügung stehen. Im Rat mehren sich allerdings Stimmen, ein drittes Museum sei finanziell nicht tragbar. Denn auch unter Federführung des Vereins und mit dem Mitteln der Ernstmeier-Stiftung würden auf die Stadt Kosten zukommen. Strittig ist vor allem die Übertragung des Grundstücks am Münster an den Verein.

100 Jahre Bismarckturm: Ein ganzes Wochenende feiert Herford das Wahrzeichen auf dem Stuckenberg. Ehrengast ist Ferdinand Fürst von Bismarck, Urenkel des Reichskanzlers.

Das Elsbach-Haus fährt ein dickes Minus ein. Die »Elsbach Areal GmbH« schließt das Geschäftsjahr 2006 mit einem Verlust von 3,2 Mio. Euro und einem Minus im Geschäft von 787 000 Euro ab. Trotzdem will die Politik am Standort weiter investieren. Ein Hotelbau bleibt im Gespräch.

Artikel vom 30.12.2006