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Nach Faustschlag: Zwei Jahre Spiel-Sperre für Ali

Fußball: Kreis-Spruchkammer verurteilt TuS Tengerns Stürmer

Von Ingo Notz
Preußisch Oldendorf (WB). Zwei Jahre Sperre für Ali Alioglu! Mit diesem Urteil bestrafte die Kreisspruchkammer unter dem Vorsitz von Werner Niemeier (Holzhausen) den Ausraster des Stürmerstars des TuS Tengern während des C-Ligaspiels zwischen Türk Gücü Espelkamp II und OTSV Preußisch Oldendorf II am 3.12..

Alioglu war als Zuschauer dabei. Nach einer Rangelei zwischen Spielern war der Espelkamper Türke auf den Platz gestürmt und hatte OTSV-Spieler Vitali Ivanov von hinten niedergeschlagen (diese Zeitung berichtete). Alioglu und der TuS Tengern haben das Urteil noch nicht angenommen.
Alioglu war bei der Verhandlung anwesend, machte aber als Angeklagter von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und ließ dies durch Tengerns Fußball-Obmann Dieter Bartelheimer und seinen Freund und Teamkollegen Ahmet Ünal erklären. »Ich hätte erwartet, dass sich der Beschuldigte selbst äußert - aber wir kommen auch so weiter«, meinte Werner Niemeier zur verbalen Defensivtaktik des Stürmers. In der umfangreichen Zeugenvernehmung sagte als erster Schiedsrichter Kerim aus. Der Unparteiische des FC Pr. Espelkamp hatte während der Partie den »Schläger«, der von außerhalb des Spielfelds auf den Platz gestürmt war, Ivanov angesprungen und dann niedergeschlagen hatte, nicht identifizieren können. Kerim hatte Alioglu später auf dem Parkplatz gesehen. Zeuge Harald Keysers, Trainer der OTSV-Reserve, hatte keine Zweifel, wer der »Schläger« war: »Ich habe ihn klar erkannt! Das ist der da, der da sitzt« - und deutete auf Alioglu. »Der nahm richtig Anlauf, machte einen halbhohen Sprung und aus dem Sprung heraus hat er ihn von halbrechts hinten eine mitgegeben!.«
OTSV-Spieler Richard Olfert hatte die Szene aus nächster Nähe beobachtet - und Alioglu ebenfalls identifiziert: »Ali kenne ich aus meiner Klasse, wir waren ein Jar zusammen auf der Kollegschule - kein Zweifel, er war es!« Nach knapp 50 Minuten Verhandlung erschien dann auch ein Vertreter des Vereins Türk-Gücü Espelkamp, Erkan Engin. Der bekam dann auch mit, wie Zeuge Sergey Isaak zu Protokoll gab: »Ich kannte den Täter nicht, aber ich habe mir sein Gesicht gemerkt. Er sitzt da hinten in der Ecke« - und zeigte auf Ali Alioglu.
Zeuge David Heinrichs bestätigte diese Identifizierung und schilderte die Situation kurz nach dem Schlag: »Er lachte noch - und ging dann ganz langsam weg . . .«
Ebenfalls zweifelsfrei erkannt wurde Alioglu von Spieler Eduard Kröker (»Der hat sich einfach ein Opfer gesucht!«) und Zuschauer Jakop Klippenstein, der bei der Frage nach dem Täter auf Alioglu zeigte: »Der da hinten in der Ecke - mit dem Rücken zur Wand!«
Als letzter sagte das Opfer aus - Vitali Ivanov, der den Schläger nicht gesehen hatte. Er schilderte seine schweren Verletzungen, die in Minden operiert worden waren und eine weitere Operation notwendig machen. Werner Niemeier verlas die Atteste - die zeigten, wieviel Glück im Unglück Ivanov noch gehabt hat und welche Verletzungen rund ums Auge neben dem Jochbeinbruch noch hätten passieren können. Der Geschädigte stellte nach der Beweisaufnahme keinen konkreten Antrag (»Er soll bestraft werden«), während der OTSV auf Spielwertung plädierte.
Im Namen des TuS Tengern unterstrich Fußball-Obmann Dieter Bartelheimer, dass es »aus unserer Sicht nicht richtig« sei, was vorgefallen ist. »Wir können das nicht gutheißen«. Gleichzeitig bat er die Kammer aber »zu bedenken, es handelt sich hier um einen 19-jährigen jungen Mann, der noch nie vor einem Sportgericht erscheinen musste« und der sich die Ausmaße seines Handelns nicht vorstellen könne. Eine richtige Entschuldigung bekam Vitali Ivanaov aber während der gesamten Verhandlung weder vom TuS Tengern noch vom Täter Ali Alioglu zu hören. »Nein, entschuldigt hat sich bei mir keiner«, meinte Vitali Ivanov am Tag danach, »der Vertreter von Tengern hat mir nach der Verhandlung 'Gute Besserung' gewünscht. Von Alioglu kam aber gar nichts.«
Die Bartelheimer-Worte nahm sich die Kammer in ihrer Beratungsphase trotzdem zu Herzen, wie Werner Niemeier bei der Urteilsverkündung durchblicken ließ: »Wir sind auf Grund eindeutiger Zeugenaussagen zu der Überzeugung gekommen, dass Ali Alioglu der Täter ist. Es gibt gar keinen Zweifel daran. Für uns ist nicht ersichtlich, warum er sich als Außenstehender dazu hat hinreißen lassen. Das ist völlig unverständlich und in keinster Weise zu verzeihen. Auch wenn er ein ausländischer Mitbürger ist, hat er sich unseren Sportgesetzen unterzuordnen und auch die Mentalität ist kein Grund. Hier müssen Grenzen aufgezeigt werden - und ich hoffe, dass die Strafe reicht. Die Mindeststrafe ist ein Jahr. Wir waren aber der Meinung, dass in diesem Fall mindestens zwei zu verhängen waren, da blieb uns gar nichts anderes übrig. Und damit haben wir ihm auf Grund seines Alters noch eine Brücke gebaut. Ich weiß nicht, ob es die richtige Höhe ist oder man vielleicht noch höher hätte gehen müssen, aber wir haben dabei die Äußerung von Bartelheimer zugrunde gelegt und daher »nur« zwei Jahre verhängt.« Dies sei geschehen in der Hoffnung, dass sich Alioglu danach geändert haben könnte. »Für den TuS Tengern ist es schade, dass er auf einen sehr verheißungsvollen Spieler verzichten muss, aber Tengern duldet so etwas auch nicht und wird das nicht gutheißen. Der Verein muss laut Satzung auch herangezogen werden, selbst wenn es schwer verständlich ist, weil der TuS ja nicht beteiligt war.« Vitali Ivanov zeigte sich mit dem Urteil »einverstanden, schon, aber ich hatte gedacht, dass er mehr kriegt!« Zwei Jahre Sperre für Ali Alioglu bis zum 28. Dezember 2008 - sofern nicht innerhalb von zehn Tagen Widerspruch eingelegt wird und der Fall vor der Bezirksspruchkammer in die Revision ginge. Die Kosten des Verfahrens trägt Alioglu unter Mithaftung des TuS Tengern. Türk Gücü erhält insgesamt 90 Euro Geldstrafe (mangelhafter Ordnungsdienst) und die Partie Türk Gücü II gegen OTSV II wird wiederholt.

Artikel vom 30.12.2006