28.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die neue Rolle der DSV-Adler

Vierschanzentournee: Deutsche Skispringer sind nur noch Außenseiter

Oberstdorf (dpa). Die Goldenen Zeiten sind vorbei. Fünf Jahre nach dem legendären Triumph von Sven Hannawald ist für die deutschen Skispringer bei der am Samstag beginnenden Internationalen Vierschanzentournee nur eine Nebenrolle vorgesehen.
Michael Uhrmann
Während die »jungen Wilden« wie Österreichs großes Talent Gregor Schlierenzauer und Norwegens Newcomer Anders Jacobsen zum Angriff auf die Etablierten um die Titelverteidiger Janne Ahonen und Jakub Janda blasen, sind die sportlichen Aussichten für das Sextett des Deutschen Skiverbandes (DSV) so trüb wie das Wetter. »Die Siegzeiten sind vorerst vorbei. Es ist unrealistisch, dass einer aus unserem Team bei der Tournee vorne dabei ist«, redete Bundestrainer Peter Rohwein vor dem Auftaktspringen am Samstag in Oberstdorf Klartext.
Trotz des bislang trostlosen Saisonverlaufs gönnte der Coach seinem Team zum Weihnachtsfest einige besinnliche Stunden und strich kurzerhand die am zweiten Feiertag in Ramsau geplante Zusatzschicht. Stattdessen hat sich die Mannschaft bei einem Spezialtraining gestern in Oberstdorf den letzten Schliff geholt. »Durch den glücklichen Umstand, dass die Schanze präpariert ist, konnten wir den Reisestress vermeiden und uns vor Ort schon einmal zeigen«, begründete Rohwein die Planänderung.
Angesichts der düsteren Prognose für die Springen in Oberstdorf (30. Dezember), Garmisch-Partenkirchen (1. Januar), Innsbruck (4. Januar) und Bischofshofen (7. Januar) gelang es Rohwein an Weihnachten nicht, völlig abzuschalten. Der Coach traut lediglich seinen Routiniers Michael Uhrmann, der nach einem verpatzten Saisonstart langsam zu alter Stärke findet, und Martin Schmitt den einen oder anderen Achtungserfolg zu. »Wenn Michi mal auf das Podest springen würde, wäre es schön. Martin ist zu Anschlussplatzierungen zwischen 10 und 15 in der Lage. Mehr ist nicht realistisch«, so Rohwein.
Getreu dem Motto, dass die Hoffnung zuletzt stirbt, liebäugelt der im Vorfeld heftig kritisierte Bundestrainer vor allem mit einer Leistungssteigerung von Uhrmann. »Wir haben vor Weihnachten in Engelberg noch einiges am Ski probiert, am Schwerpunkt gefeilt und an der Skilänge gebastelt. Ich hoffe, dass er noch einen Tick besser wird. Man darf aber nicht mit Nachdruck darauf hoffen«, sagte Rohwein.
Als günstig könnte sich erweisen, dass Uhrmann anders als im Vorjahr nicht als Favorit gehandelt wird. »Michael ist letztes Jahr als Vierter im Gesamt-Weltcup angereist und in der Öffentlichkeit schon zum Tournee-Sieger gemacht worden. Mit diesem Druck konnte er nicht umgehen. In dieser Saison tut er sich schwer und ist noch auf Formsuche. Dies kann für ihn eine Erleichterung sein«, sagte Rohwein.
Für positive Schlagzeilen soll auch Schmitt sorgen. Der 28-Jährige war im bisherigen Weltcup-Saisonverlauf der konstanteste deutsche Springer. »Wenn Martin seine Leistung stabilisiert, ist das okay. Er ist dann auch in der Lage, mal unter die Top sechs zu kommen. Aber dann muss alles stimmen«, sprach Rohwein dem viermaligen Weltmeister Mut zu.

Artikel vom 28.12.2006