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Isabelle Huppert ließ
sich auf Händen tragen

Gastspiel mit Heiner Müllers »Quartett«

Berlin (dpa). Die französische Schauspielerin Isabelle Huppert hat sich vor einem Theater-Gastspiel in Berlin das Knie verletzt und musste während der Aufführung von einem Kollegen getragen werden.
Spielte weiter: Isabelle Huppert.Foto: dpa

Die 53-Jährige habe sich eine Meniskus-Verletzung zugezogen, sagte eine Sprecherin der Festspiele. Dennoch hielt Huppert am Donnerstagabend die Aufführung von Heiner Müllers »Quartett« in einer Inszenierung des US-Regisseurs Robert Wilson durch. Beim Schlussvorhang des Gastspiels des Pariser Théâtre Odeon hüpfte die Französin bis an den Bühnenrand und erhielt stürmischen, Minuten langen Applaus. Die Inszenierung wurde in Berlin als Teil des Festivals »Spielzeiteuropa« gezeigt.
In »Quartett«, einem Zwei-Personen-Stück nach dem skandalumwitterten Briefroman »Gefährliche Liebschaften« (1782) von Choderlos de Laclos, spielt Huppert die intrigante Marquise de Merteuil. Am Vorabend der Französischen Revolution kreist das Gespräch zwischen der Marquise und ihrem Liebhaber (Ariel Garcia Valdès) um die Lebens- und Liebesvorstellungen des Paares, um Intrigen, Treue und die Wolllust. In der Wilson-Inszenierung kreisen um die beiden Protagonisten ein junger Mann und ein Greis als Erinnerung an Jugend und Tod - ohne ein Wort zu sagen.
Wilson hat Müllers Werk mit vielen Geräuscheffekten als Schattenkabinett kunstvoll in Szene gesetzt. Dabei spielte er mit den für seinen Inszenierungsstil typischen Lichtvariationen und meditativen Bewegungsabläufen. Huppert trug eine Rokokofrisur, ihre Stimme wurde zum Teil von einem Computer verzerrt. Mal sprach sie in rasendem Staccato, mal verlangsamte sie ihren Vortrag extrem - um am am Ende in den Armen eines jungen Mannes in den Tod getragen zu werden.

Artikel vom 23.12.2006