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Christliches Lebensgefühl vermitteln

500 Zuhörer beim »Chicago Glory«-Konzert - Chor spontan formiert

Von Gustav-Adolf Lent
(Text und Fotos)
Quelle (WB). »Glory, glory, Halleluja!« So lautet die Botschaft des Chicago-Glory-Ensembles, das vor 500 begeisterten Zuhörern in der Johanneskirche in Quelle gastierte. Dabei gab es ein Wiedersehen mit einem »alten Bekannten«.

Denn Ardell Johnson, Sänger und Mitbegründer dieses einzigen farbigen Männerquartetts in Deutschland, war schon mehrfach in Quelle. Auf Einladung des Gospelchores der Gemeinde und seiner Leiterin Dorothea Sandmeyer hatte Johnson bereits zwei Gospel-Workshops und Gottesdienste in Quelle gestaltet. Früchte dieser Arbeit waren zu hören, als das Ensemble spontan 40 Mitsänger zum Chor »Bielefeld Gospel Singers« formierte, der den Titel »I will sing Halleluja« mitreißend gestaltete.
Die Zuhörer, zum aktiven Mitsingen und Klatschen aufgefordert, hielt es nicht mehr in den Kirchenbänken. Spätestens jetzt war etwas von dem Auftrag der »Chicago Glorys« zu spüren: mit ihrer Musik nicht zu unterhalten, sondern eine dem »schwarzen« Gottesdienst in Harlem ähnliche Stimmung zu erzeugen, die ein christliches Lebensgefühl ausdrückt.
Die Gruppe, nach eigenen Angaben »im Auftrag des Herrn« unterwegs, beeindruckt nicht nur durch die professionelle Performance, sondern vor allem durch die nur schwarzen Sängern eigene Improvisationskunst der Stimme, die alle Schattierungen menschlicher Gefühle von überschäumender Lebenslust bis zu tiefer Trauer möglich macht. So wird zum Beispiel aus dem Gospel »Sometimes I feel like a motherless child« eine erschütternde »musikalische Predigt«. Durch den Wechsel zwischen Soli des hervorragenden Pianisten Burkhard Rieger, der auch Mitbegründer der Gruppe ist, und den Gesangssoli von Aaron Alexander Gibbs, Richard Dale Washington und Jimi Renfro werden die dynamischen Steigerungen mit Hilfe des Schlagzeugers Christof Cho und des E-Bassisten Michael Höfler förmlich unter die Haut gehend zelebriert. Niemand kann sich diesen großartigen Stimmen entziehen, und das Publikum geht sowohl bei den Standard-Gospels wie »Josua fit the battle«, »Nobody knows«, »It's got the whole world« als auch bei den »modernen« Stücken temperamentvoll mit, wenn auch das Mitsingen nicht so recht gelingt. Allen Titeln gemein ist das kreative, qualitativ hochwertige, aber leicht zu genießende Arrangement, das trotzdem spontan wirkt, wenn die Sänger sich unter das Publikum mischen.
Auf der musikalischen Reise durch ihre Heimatstadt Chicago, in der sie keine »so schöne Kirche wie in Quelle« hatten, erzählt Aaron Gibbs im »bluesigen Sound« von der Gnade Gottes im »Amazing grace«. Dabei variiert er je nach Stimmungslage die originale Melodie, wie alle Sänger im Gospel-Medley, das eine ganz eigene, grandiose Wirkung auf die Zuhörer hat. Sie spüren die Ehrlichkeit und Authentizität der »Chicago Glorys«, die überwiegend in Kirchen auftreten. Besonders ergreifend wird es, als Richard Dale Washington auf den Altarstufen sitzend von dem ersten Gospel erzählt, das seine Mutter ihm vorsang. Seine durch Mark und Bein gehende hohe Falsett- Stimme erzeugt eine Gänsehaut- Stimmung, die unvergessen bleibt.
Das Konzert ging zu Ende mit einigen Weihnachtsliedern und stehenden Ovationen des Publikums. Ein besonderes Kompliment galt Ardell Johnson, der in seinem »Denglish«-Sprachgemisch sympathisch durch das Programm führte.

Artikel vom 27.12.2006