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Dann erst ist wirklich Weihnachten

Worte zum Fest des Paderborner Weihbischofs Karl-Heinz Wiesemann

Katholischer Weihbischof Karl-Heinz Wiesemann.

Vor kurzem erzählte mir jemand: »Wissen Sie eigentlich, wie schwer es ist, eine Weihnachtskarte zu finden mit dem eigentlichen Inhalt des Festes? Fast überall nur verschneite Winterlandschaften, Nussknacker - und anderer Kitsch. Und wenn man doch religiöse Motive antrifft, dann meistens Engel, die versüßlicht und so naiv dargestellt sind, dass sie unmöglich ernsthaft den Hirten die gewaltige Botschaft der Ankunft des Retters hätten verkünden können. Nach einer Darstellung der Geburt des Herrn und der Anbetung durch die Hirten und Könige sucht man ziemlich vergeblich.«

H
eute scheint man weitgehend ohne den Kern des Festes auszukommen - ist nur noch von Lichterketten, Rentieren und Fassaden erkletternden Weihnachtsmännern umgeben. Bestenfalls leuchtet der religiöse Inhalt hier und da wie eine Art Ursprungsmythos auf, den zu karikieren, pervertieren oder völlig zu verkitschen man jedoch keinerlei Scheu hat. Hinter all dem steht dann kaum noch eine ehrlich geglaubte Wirklichkeit.

D
a ist es gut, sich zum Fest die ursprüngliche Botschaft in ihrer Schlichtheit, Erhabenheit und Kraft zu Bewusstsein und Gemüt zu führen. Der Evangelist Lukas beginnt mit einer geschichtlichen Einordnung, dem von Kaiser Augustus erlassenen Befehl, sich in Steuerlisten einzutragen. Er will sagen: Was jetzt verkündet wird, ist in unsere Geschichte hineingesprochen, ist Wirklichkeit, nicht Traum oder Mythos. Und dann wird in ganz wenigen Sätzen das Drama entwickelt, wie Gottes Sohn auf unserer Erde ankommt: abgewiesen von den Menschen, entbunden in einer Krippe. Nur Hirten, Außenseiter, die auf dem freien Feld leben, kommen zur Krippe, empfangen die unglaubliche Botschaft der Menschwerdung Gottes. Engel, kraftvolle Boten Gottes, erscheinen: »Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Heiland geboren, Christus, der Herr.«
Es gibt kaum eine andere Geschichte, die in so kurzen Sätzen so viele Bilder in den Herzen der Menschen zum Aufleuchten bringen kann. Wir beginnen mit Kinderaugen und -herzen zu staunen, über den Gott, der die Größe besaß, sich ganz klein zu machen, damit wir das einzig Entscheidende lernen: die Liebe.

W
ie schön ist es, wenn in Familien noch liebevoll eine Krippe aufgestellt wird, wenn das Weihnachtsevangelium von den Eltern an der Krippe vorgetragen wird und man noch richtige Weihnachtslieder miteinander singt É Dann erst ist Weihnachten!

Artikel vom 23.12.2006