22.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Fanta-Mord«: Kollege
nicht unter Verdacht

Getöteter Chemiearbeiter Johann I. (44) hatte Geliebte

Von Christian Althoff
Minden (WB). »Fanta-Mord« in Minden: Drei Tage nach dem Tod des BASF-Mitarbeiters Johann I. (44) hat die Mordkommission gestern jenen Arbeitskollegen des Opfers von der Verdächtigen-Liste gestrichen, dessen Limonadenflasche ebenfalls mit dem tödlichen Zyanid vergiftet war.
Hauptkommissar Arno Wittop jagt den Mörder.

Wie berichtet, hatte Johann I. am Montag während der Nachtschicht einen Schluck aus seiner Fanta-Flasche genommen, aus der er bereits am Freitag getrunken hatte und die übers Wochenende in der Firma geblieben war. Der Familienvater war bewusstlos zusammengebrochen und wenig später gestorben. Rechtsmediziner hatten später auch in der Mezzo-Mix-Flasche eines Arbeitskollegen Zyanid nachgewiesen.
Die Hypothese, der Besitzer der Mezzo-Mix-Flasche habe seinen Arbeitskollegen töten wollen und zur Ablenkung auch seine eigene Limonade mit Zyanid vergiftet, hat sich nicht bestätigt. »Gegen den Mann besteht kein Verdacht mehr. Von den zeitlichen Abläufen her kommt er für die Tat nicht in Frage«, erklärte gestern Staatsanwalt Christoph Mackel.
Der Staatsanwalt sowie die 14-köpfige »Mordkommission Kühlschrank« unter Leitung von Hauptkommissar Arno Wittop suchen weiterhin in der BASF-Belegschaft nach Mörder und Motiv. Sollte es sich um einen Einzeltäter handeln, muss dieser sowohl Zugriff auf das bei BASF verarbeitete Natriumzyanid haben, als auch zwischen Freitag und Montagabend Zugang zu dem Aufenthaltsraum, in dem Johann I. seine Fanta-Flasche aufbewahrt hatte. Da das elektronische Zugangssystem am Werkstor umgangen werden kann, kann die Kripo den Kreis der Verdächtigen nicht auf die von der Stechuhr registrierten Mitarbeiter beschränken.
Auch das private Umfeld des Chemiearbeiters, der heute in Petershagen-Lahde beerdigt werden soll, wird weiter von der Mordkommission durchleuchtet. Dabei sind die Ermittler auf eine Geliebte des Mordopfers gestoßen. Die Frau, die selbst drei Kinder hat, soll der Grund dafür gewesen sein, dass Johann I. vor zwei Jahren von seiner Frau Olga verlassen worden war. Aus dem Umfeld der Geliebten hieß es gestern, Johann I. habe sich um deren Kinder so liebevoll gekümmert wie um seine eigenen. Dagegen ist der Ehebruch von den Eltern und Geschwistern des Mordopfers nicht toleriert worden. Sie haben nach eigenen Angaben jeden Kontakt zu der Frau abgelehnt.
Die Ermittler sehen derzeit in dem außerehelichen Verhältnis des Arbeiters kein Mordmotiv. Der Mann der Geliebten gehört nicht zur BASF-Belegschaft, er soll sich derzeit im Ausland aufhalten.
Die große Sorge der Familie gilt nun den 19 und 20 Jahre alten Kindern des Mordopfers, zumal auch deren Mutter Olga, die am Dienstag wieder in das Haus eingezogen war, arbeitslos ist. »Meine Enkel sind ja noch in Schule und Ausbildung. Die können noch nicht selbst für sich sorgen«, sagte gestern ihr Großvater Johann I., der in wenigen Tagen 70 Jahre alt wird. »Wir hoffen, dass die Lebensversicherung meines Sohnes ausreicht, um den Kindern und ihrer Mutter wenigstens das Haus erhalten zu können«, sagte Johann I. Sein Sohn und dessen Frau hatten vor vier Jahren in Petershagen gebaut.

Artikel vom 22.12.2006