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Ehefähigkeit gilt nur
mit dem Notarsiegel

Deutsch-australische Hochzeit mit Hindernissen

Von Elke Wemhöner (Text und Foto)
Schildesche/Newcastle (WB). Die erste harte Bewährungsprobe musste das junge Glück bereits bestehen, als der Standesbeamte noch gar nicht in Sicht war. Denn eine Eheschließung zwischen einer Deutschen und einem Australier hat so ihre Tücken. Der Vorgang »Verehelichung Stefanie Lange und Geoffrey King« füllt deshalb einen privaten Aktenordner.

Das Happy-End verhinderte aber auch der von deutschen Behörden angezettelte »Papierkrieg« nicht. Und so können sich Stefanie Lange, gebürtige Bielefelderin und Wahl-Australierin, und der waschechte Aussie Geoffrey King heute amüsiert an die zurückliegenden Monate erinnern und das Weihnachtsfest als Ehepaar feiern.
Stefanie Lange - ehemals ansässig im Schildesche - schwankte nach eigenem Bekunden im Laufe des Jahres manches Mal zwischen Lachen und Weinen, wollte aber - vor allem ihrem Herzensmann Geoff zuliebe - nicht aufgeben. Telefon- und Internetleitungen begannen zu glühen, Kurierdienste mussten Schnelligkeit beweisen und australische Ansprechpartner aufgeklärt und beruhigt werden.
Die 34-jährige Bielefelderin kennt als ausgebildete Juristin und Projektmanagerin für Verfahrenstechnik die »Deutsche Gründlichkeit« sehr genau. »Deshalb wollten sie mich ja in Newcastle als Mitarbeiterin haben«, erzählt sie und lacht. Und ihr Mann Geoff (38), IT-Manager bei der Regierung, hat die »German Efficiency« nun mal am eigenen Leib zu spüren bekommen. Ohne seine Schwiegereltern sei das alles gar nicht zu schaffen gewesen, sagt er immer wieder und schaudert, wenn er den Aktenordner anschaut.
Brautmutter Marlies Lange hatte ihr »Kind« Anfang des Jahres 2006 beim Heimatbesuch in Schildesche noch eindringlich ermahnt: »Wenn ihr Ende dieses Jahre in Bielefeld heiraten wollt, müsst ihr anfangen, die Formalitäten zu klären.« Wenn sie gewusst hätte, welche Papierlawine sie mit diesem Hinweis lostreten würde, hätte sie das Thema nicht angeschnitten.
Doch so begann vor rund zehn Monaten eine sehr spezielle Hochzeits-Vorbereitung. Das Bielefelder Standesamt (erste Station) war behilflich, wo es konnte. Aber da sich die Braut - aus beruflichen Gründen - ja bereits in den Fängen der Australier befand, war das Standesamt in Berlin zuständig. Auch das deutsche Konsulat in Perth, das die Hochzeiter zwecks Informationen eigens aufsuchten, zeigte sich kooperativ, wusste aber wohl um die aktuellen Feinheiten einer deutsch-australischen Eheschließung nicht hundertprozentig Bescheid. Es galt nämlich, eine deutsche Staatsbürgerin auch über Tausende von Kilometern hinweg vor einem hinterhältigen Bigamisten zu bewahren und eine Schein-Ehe zu verhindern.
Zunächst musste eine eidesstattliche Erklärung her, dass der Bräutigam nicht anderweitig gebunden, sprich nicht verheiratet ist. Eigenhändig aufzusetzen und zu beglaubigen. Leichtigkeit! Wurde prompt »geliefert«, aber vom Kammergericht Berlin nicht anerkannt. Diese Ehefähigkeitsbescheinigung gebe es ja in Australien gar nicht, meinten die Berliner Juristen und forderten deshalb eine Beglaubigung durch einen Notar. Doppelte Arbeit - aber dann erledigt.
Die Meldebescheinigung stellte ein Problem dar, denn auch die ist in Australien unbekannt. Mit (beglaubigten) Kopien vom Führerschein und von der Elektrizitäts- und Wasser-Rechnung - wegen der darauf vermerkten Adresse - wurde Abhilfe geschaffen.
Doch Berlin war noch nicht zufrieden. Es fehle eine Einkommensbescheinigung des zukünftigen Ehemannes. Die zu liefern, war ja nahezu ein Kinderspiel. Aber die Beamten ließen sie nicht gelten, schickten die Unterlagen an die Brauteltern (Inland-Post ist billiger) zurück und verlangten energisch die Umrechnung der Australischen Dollar in Euro.
»Da haben wir nicht zum ersten Male mit den Zähnen geknirscht«, erinnert sich Roland Lange, der sich eigentlich durch unerschütterliche Ruhe und viel Humor auszeichnet. »Die Sachbearbeiter hätten ja nur einmal nachgucken müssen, wie der aktuelle Kurs steht.«
Konfrontiert mit dieser »deutschen Gründlichkeit« nahm bei Familie Lange in Schildesche der Respekt vor den Behörden rapide ab und die Ironie zu. »Geoff soll das Ding endlich fertig machen«, meinte der Brautvater einmal genervt. Dann wurde in Newcastle das »Ding« eingescannt, als E-Mail-Anhang verschickt und parallel dazu im Original per Eil-Kurier auf den Weg gen Europa geschickt.
Kleine Anmerkung am Rande: Alle in Australien ausgestellten und beglaubigten Schriftstücke mussten natürlich erst von einer Dolmetscherin (behördlich zertifiziert!) in Deutschland übersetzt werden. Und zwischendurch waren immer wieder - deutsche - Gebühren fällig, die Brautvater Roland Lange stets unverzüglich überwies.
»Nicht auszudenken, wenn ich da versagt hätte«, meint er rückblickend und wischt sich mit einem verschmitzten Lächeln den imaginären Schweiß von der Stirn. Aber Erfahrungen stärken ja, so dass die Organisation der kirchlicher Trauung und des Festmahls dagegen eine leichte Übung war.
Marlies und Roland Lange müssten jetzt eigentlich vom Kammergericht Berlin eine Anerkennung als zertifizierte Standes-Hilfsbeamte erhalten - zumindest was eine Eheschließung zwischen deutschen und australischen Staatsbürgern angeht. Aber vermutlich würden sie die deutschen Behörden um Gebühren prellen, weil sie eine nervenschonende und arbeitssparende Alternative kennen: Wenn ein Australier und eine Europäerin in »Down under« heiraten wollen, ist das ganz einfach. Mit gültigem Lichtbildausweis zur Stadtverwaltung gehen, 50 australische Dollar bezahlen, eine Entscheidung treffen (einfacher Computerausdruck für die Urkunde oder das Dokument mit Schmuckblatt?) und »Ja« sagen.

Artikel vom 23.12.2006