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»Ich denke, die fanden
das richtig verrückt«
66-jähriger Bielefelder nahm an Medikamentenstudie für Stoffwechselforschung teil
Bielefeld (WB). Medikamententests - ein Thema, das die Öffentlichkeit viel beschäftigt hat. Nach den tragischen Zwischenfällen bei einer Medikamenten-Studie in England im März 2006, bei der vier Teilnehmer schwere Schäden erlitten, stehen viele Menschen solchen Tests kritischer gegenüber als zuvor.
Was den meisten Menschen allerdings nicht bewusst ist: Ohne Freiwillige, die sich als Probanden in den Dienst der Wissenschaft stellen, wäre medizinischer Fortschritt unmöglich - kein neues Medikament könnte eine Zulassung für den deutschen Markt erhalten.
Menschen wie der 66-jährige Karl Spellmann sind daher für die Wissenschaft besonders wichtig. Der Lehrer aus Bielefeld hat beim Profil-Institut für Stoffwechselforschung in Neuss an einer Studie teilgenommen, bei der neue Diabetesmedikamente getestet werden.
Sein erster Gedanke sei gewesen, dass man bei einer solchen Studie komplett durchgecheckt wird, sagt Karl Spellmann. Die Hausärzte dürften ja kaum noch etwas abrechnen und würden deshalb nur Standarduntersuchungen durchführen. Deshalb habe er sich zur Teilnahme an der Studie entschlossen. Karl Spellmann ist Typ II-Diabetiker. Diese Form der Diabetes wurde bei ihm vor sechs Jahren diagnostiziert und ist allgemein unter dem Namen Altersdiabetes bekannt. Im November meldete sich der pensionierte Lehrer für eine Studie an, für die er einen dreiwöchigen stationären Aufenthalt im Profil-Institut in Kauf nahm. Eine Entscheidung, die bei vielen seiner Freunde Verständnislosigkeit auslöste: »Ob ich denn nichts von den Zwischenfällen in England mitbekommen hatte, wollten viele wissen. Ich denke, die fanden das richtig verrückt. Doch ich habe mich nicht beirren lassen. Schließlich hatte mein Arzt mir eine Teilnahme sogar empfohlen. Außerdem will ich auch helfen, dass neue Diabetesmedikamente auf den Markt kommen und die müssen eben vorher getestet werden.« Ein Argument, das für viele der Profil-Probanden ausschlaggebend ist. Denn auch wenn die Diagnose Diabetes heute nicht mehr eine so drastische Einschränkung des Lebenswandels nach sich zieht wie früher: Viele Probanden erhoffen sich für die Zukunft weitere Vereinfachungen im Umgang mit der Krankheit.
Bei der Lektüre seiner Tageszeitung fiel dem Rentner eine Werbeanzeige des Profil-Instituts für Stoffwechselforschung ins Auge. Das Neusser Institut suchte Probanden für Diabetesstudien. Da sein Arzt ihn bereits Monate zuvor auf Medikamentenstudien und die positiven Aspekte einer Teilnahme hingewiesen hatte, war sein Interesse geweckt. Er rief das Institut an, um sich über das Unternehmen und anstehende Studien zu informieren.
Für jede Studie gibt es strenge Vorgaben, die genau festlegen, welche Kriterien die einzelnen Probanden erfüllen müssen und welche Eigenschaften zum Ausschluss eines Probanden führen. Diese umfangreiche Untersuchung hat für den potentiellen Probanden den Vorteil eines kostenfreien, aber umfangreichen Gesundheitschecks. Für das Institut garantiert die Untersuchung die Gültigkeit der Forschungsergebnisse. Bereits ein einziger irrtümlich aufgenommener Proband würde die Ergebnisse der Studie in Frage stellen und dem Institut erheblichen Schaden zufügen.
Für Karl Spellmann war der erste Eindruck überzeugend: »Der Arzt Dr. Nosek wirkte sowohl bei der Untersuchung als auch im anschließenden Gespräch sehr kompetent. Ich habe bereits einiges über den stationären Aufenthalt im Institut erfahren und auch über die medizinischen Aspekte. Das stand zwar auch in der umfangreichen Patienteninformation, die ich durchlesen sollte, aber dazu brauchte ich doch die eine oder andere Erklärung. Nachdem ich alles verstanden hatte, habe ich die Einverständniserklärung unterschrieben.« Bereits ein paar Tage später erhielt er die Nachricht, dass er für die Studie geeignet sei. Eine Woche danach ging es los.

Artikel vom 12.01.2007