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Der Handball-Kaiser: keine
Kopie, sondern alles original

Bundestrainer Heiner Brand - der populärste und beste Imageträger

Von Oliver Kreth
Gummersbach (WB). Der Begründer des Sommermärchens und der Schöpfer der winterlichen Wiederholung einer berauschenden Ballsaison haben nur eines gemeinsam: Sie schätzen die Ruhe der Heimat.

Ansonsten will Heiner Brand keine Jürgen-Klinsmann-Kopie sein. Dass hat er auch gar nicht nötig. Denn als Sportler wie als Trainer gleicht der ewige Gummersbacher doch mehr Franz Beckenbauer. Wie der Kaiser ist Brand der populärste und beste Imageträger seiner Sportart.
Auch mit dem Slogan »Deutschland. Ein Wintermärchen« kann er wohl wenig anfangen. Und das nicht nur, weil das satirische Versepos von Heinrich Heine ja nicht unbedingt Deutschland glanzvoll darstellt.
Vor dem Start ins letzte Trainingslager (3. bis 14. Januar) vor der WM in Herrsching am Ammersee hat der Bundestrainer viele Baustellen. Frank von Behren wird nicht spielen können, Oleg Velyky, Holger Glandorf, Rolf Hermann und Florian Kehrmann sind verletzt. Und noch ist der letzte Spieltag der Bundesliga-Saison nicht vorbei.
Doch Jammern ist die Sache des Oberbergers nicht. Er stellt sich seinem Job, hat keine unerfüllbaren Wünsche. Brand: »Ich spüre den Druck, aber den habe ich vor jedem großen Turnier. Jetzt sicher früher, weil ich mit der WM täglich konfrontiert werde. Angst habe ich aber nicht. Dafür bin ich zu lange dabei. Man muss eine WM im eigenen Lande auch als Riesenfreude ansehen. Das werden sicher unvergessliche Erlebnisse.«
Als Weltmeisterschaft ist es für Brand »eine WM wie jede andere«. Aber durch die Tatsache, dass sie im eigenen Land stattfindet, ist sie mit der Hoffnung verbunden, dass für den Handball möglichst viel dabei herausspringt und deshalb »ist es für mich als Trainer die bisher größte Herausforderung«.
Dabei fühlt er sich von der Bundesliga, in der alle seiner Akteure spielen, ausreichend unterstützt. Auch wenn er natürlich gerne mehr Zeit für Trainingslager gehabt hätte. Aber, sagt Brand, »der Terminplan gibt nicht mehr her. Gerade wo die Champions League jetzt noch mehr Termine erfordert. Also die Liga hat schon versucht, da was zu machen.«
Den Grund, warum er mehr Zeit brauchen könnte? Brand: »Dann könnte ich in mehr Dinge selbst eingreifen, in den körperlichen Zustand der Mannschaft zum Beispiel. Klar würde ich gern wie zuletzt vor Olympia 2004 die Mannschaft sechs Wochen zusammen haben. Aber das ist eine Vorbereitung, wie ich sie eigentlich bei jeder WM oder EM habe.«
Würde Brand auf Deutschland als Weltmeister wetten? »Ich wette nicht, dafür habe ich kein Geld.« Für den 54-Jährigen sind außerdem die Franzosen, Spanier und Kroaten die Favoriten auf den Titelgewinn. Und wann ist er mit seinem Team zufrieden? Das Ziel des Versicherungsmaklers bleibt Köln. Das würde das Viertelfinale bedeuten. Mindestens. Und sollte Deutschland Dritter werden, hätten Klinsmann und der Handball-Kaiser eine Gemeinsamkeit mehr. Aber eine Kopie wäre er dann immer noch nicht.

Artikel vom 28.12.2006