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Oft kopiert
und dennoch
unerreicht

Holzkunst aus dem Erzgebirge


Von Uta Jostwerner
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Was hat es bloß auf sich mit diesen kleinen bunten Figuren, dass sie im Nu unser Herz erobern? Ist es die liebenswerte Naivität ihres Ausdrucks? Das natürliche Material Holz oder die Erinnerung an die eigene Kindheit? Vielleicht liegt die Faszination aber auch darin, dass sie die Seele des Erzgebirges in sich tragen und das Vermächtnis einer Jahrhunderte alten Tradition.
Im Lädchen von Gottfried und Jürgen Pöschel gehen dem Besucher die Augen über vor lauter Holzkunst aus dem Erzgebirge. Nur wenige Schritte sind es von der August-Bebel-Straße ins Souterrain der Hausnummer 41 a und man taucht ein in ein Meer aus Engelsmusikanten, Nussknackern, Räuchermännchen, Schwibbögen und Pyramiden. Sie lassen das Herz von Kindern ebenso höher schlagen wie das von Liebhabern und Sammlern. Bis heute handgemacht mit hohem künstlerischem und handwerklichem Anspruch, suchen die Figürchen aus dem Erzgebirge ihresgleichen.
Unerreicht und unverwechselbar, wird das Original doch immer wieder von Imitaten aus Billiglohnländern »bedroht«. »In Seifen, einem großen Ort im Erzgebirge, geht jetzt gar das Gerücht um, dass sich dort ein Fabrikant niederlassen will, der die Figuren in China vorproduzieren lässt«, weiß Gottfried Pöschel (53).
Er selbst deckt sich einmal im Jahr in alten Familienbetrieben vor Ort ein. »Ich will sehen, wie die Artikel hergestellt werden, die ich später verkaufe«, sagt er, der in Annaberg im Erzgebirge geboren wurde und im zarten Alter von zwei Jahren »rübermachte«. Der Kontakt zur Verwandtschaft im Osten blieb indes bestehen. Bei Besuchen im Vogtland entdeckten Pöschels ihre Faszination für die gedrechselten und geschnitzten Holzfiguren. »Zunächst haben wir die Figuren nur für den Privatgebrauch gekauft«, erzählt Gottfried Pöschel, der genau wie sein Bruder hauptberuflich als Krankenpfleger in Bethel arbeitet.
Nach der Wende reifte bei beiden die Idee, sich mit dem Handel von Handwerkskunst aus dem Erzgebirge ein zweites Standbein aufzubauen. 1992 schließlich wurde der Laden in der August-Bebel-Straße eingerichtet, der von Oktober bis Dezember jeweils mittwochs und freitags von 15 bis 18.30 Uhr geöffnet hat sowie an den Adventssamstagen von 10 bis 13 Uhr. Nach Weihnachten kann man nur nach telefonischer Absprache (17 79 80) in die Pöschelsche Spielzeugwelt gelangen.
Reichtümer, sagt Gottfried Pöschel, ließen sich mit dem Geschäft nicht erwerben. Holzkunst aus dem Erzgebirge ist und bleibt halt eine Herzensangelegenheit -Êin jeder Beziehung.

Artikel vom 20.12.2006