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NRW schafft Schülergerichte

Jugendliche urteilen über junge Täter - Start im neuen Schuljahr

Von Björn Kaps
Düsseldorf (WB). Nord-rhein-Westfalen will landesweit so genannte Schülergerichte einführen. Die jugendlichen Richter sollen an den örtlichen Schulämtern sitzen und Delikte wie Diebstahl, Körperverletzung oder Schulschwänzen ahnden.
Zwei Schüler im handfesten Streit:
künftig ein Fall fürs Schulgericht.

Das geht aus einem Vorschlag der Schulminsterin Barbara Sommer (CDU) aus Bielefeld hervor. In Zusammenarbeit mit dem NRW-Justizministerium solle bis zum Beginn des Schuljahres 2007/08 ein Deliktekatalog erarbeitet werden, der verbindliche Strafrahmen für schultypische Straftaten festlege, sagte der Sprecher des Bildungsministeriums, Andrej Priboschek, gestern dieser Zeitung. Durch das freiwillige Verfahren solle den jugendlichen Tätern ein letzter Ausweg vor einem Strafverfahren angeboten werden.
Durch die Schulgerichte solle ein Instrument zur Konfliktlösung geschaffen werden, das über die bereits weit verbreiteten Schlichtungsverfahren hinausgehe. Die jugendlichen Richter würden rechtlich und psychologisch geschult. Als mögliche Strafen, die die Schulgerichte verhängen könnten, sei auch die Ableistung von Sozialstunden im Gespräch. Solche Auflagen dürfen bislang nur die ordentlichen Jugendgerichte verhängen.
Das Konzept der Schulgerichte stammt aus den USA. Auch in Bayern habe man in Modellprojekten bereits gute Erfahrungen mit diesem neuen schulpolitischen Instrument gemacht, sagte Priboschek.
Wichtig sei jedoch auch, die Grenzen von Schulgerichten genau zu definieren. »Man muss klar zwischen Rangeleien auf dem Schulhof und systematischer Gewalt unterscheiden«, sagte Priboschek. Wenn Schüler ernsthaft verletzt werden, müsse der Fall an die zuständigen Behörden weitergegeben werden.
Kritik an den geplanten »Teen Courts« kommt vom Verband Erziehung und Bildung (VEB). Es müsse vermieden werden, dass eine Nebengerichtsbarkeit an den Schulen aufgebaut werde, kritisierte der NRW-Landesvorsitzende des VEB, Udo Beckmann.
Wenn die Schulgerichte nicht nur für einzelne Schulen, sondern für alle Schultypen zuständig seien, bestehe auch die Gefahr sozialer Konflikte. »Streitschlichtung muss eine Sache der einzelnen Schulen bleiben. Es kann nicht sinnvoll sein, dass Gymnasiasten künftig über Hauptschüler urteilen«, sagte Beckmann. Die Modellprojekte müssten wissenschaftlich genau geprüft weden, bevor man Schulgerichte landesweit einführe. Wichtiger als neue Instrumente zur Bestrafung, sei eine Stärkung der Präventionsmaßnahmen.
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Artikel vom 22.12.2006