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KommentareGaddafi

Potentat ist schwach


Vom Saulus zum Paulus zum Saulus? Nein, Libyens Staatschef Muamar el Gaddafi ist sich treu geblieben. Die gewandelte Wahrnehmung im Westen war von Anfang an ein Trugbild. Der arabische Alleinherrscher eines schwerreichen Öllandes ist von den eigenen Versäumnissen und katastrophalen Zuständen im Gesundheitswesen eingeholt worden. Mit einer abenteuerlichen Verschwörungstheorie versucht er, sich aus der Verantwortung für 400 Aids-Infektionen an libyschen Kindern herauszulügen.
Die Bestätigung der Todesurteile über fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt zeigt, dass der Potentat in Wahrheit schwach ist. Der durch und durch gewiefte Schurke im höchsten Staatsamt weiß selbstverständlich, dass das seit langem mit Entsetzen verfolgte Verfahren sein Land außenpolitisch belastet. Aber ganz offenbar wöge der innere Schaden höher, falls der Staat selbst Schuld einräumen müsste. Dabei dürfte auch den Bürgern in Libyen nicht verborgen geblieben sein, was alles für die Unschuld der Ausländer und als Beleg für einen Schauprozess spricht.
Ganz klar: Gaddafi muss um seine eigene Position bangen, wenn er dem Volk keine anderen Sündenböcke präsentieren kann als sich selbst. Reinhard Brockmann

Artikel vom 21.12.2006