21.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Beinamputierter klagt vergeblich gegen Klinik

Schwerkranker Raucher wollte 100 000 Euro erstreiten

Von Uwe Koch
Lübbecke (WB). Eine Schmerzensgeldzahlung von 100 000 Euro ist dem Verband der Kliniken im Mühlenkreis erspart geblieben. Das Landgericht Bielefeld wies jetzt die Klage eines Lübbeckers ab, dem beide Unterschenkel amputiert worden waren. Ein Behandlungsfehler sei nicht ersichtlich, befanden die Richter.

Während einer Tätigkeit in seinem Haushalt war der 56-jährige Lübbecker Bernd H. (Name geändert) am 22. Mai 2004 kollabiert. Nach einem Herzstillstand lag der Mann drei Tage im Koma, wurde künstlich beatmet. Für die Mediziner im Krankenhaus Lübbecke galt der Mann als »Hochrisikopatient«, resümierte jetzt ein Düsseldorfer Kardiologe und Gefäßchirurg als Gutachter. Im Vordergrund stand dabei die massive Herzerkrankung des Mannes. Die kreislaufstabilisierenden Medikamente (»hochtoxische Dosen«) könnten, so der Gutachter, damals zu Veränderungen an den Beinarterien geführt haben.
Auch die Krankengeschichte des Patienten war von Belang: 1990 war ihm wegen hochgradiger Arterienverschlüsse an der Bauchaorta ein Y-Bypass gesetzt worden. Seinen massiven Zigarettenkonsum hatte der Lübbecker indes bis heute nicht aufgegeben.
Nach mehrwöchigem Aufenthalt in der Klinik mussten schließlich am 6. Juli 2004 beide Unterschenkel amputiert werden, weil die Gliedmaßen nicht mehr genügend mit Blut versorgt wurden. Bernd H. machte dafür die Ärzte des Krankenhauses Lübbecke verantwortlich und verklagte den Träger, der Verband der Kliniken im Mühlenkreis, auf Schmerzensgeld und Schadensersatz von 100 000 Euro. Nach seiner Ansicht hätten im Krankenhaus rechtzeitig gezielte Untersuchungen durchgeführt werden müssen, um die neuerlichen Verschlüsse (Stenosen) im Bereich beider großen Beinarterien rechtzeitig zu erkennen. Im Übrigen wäre auch die Verlegung in ein anderes Klinikum mit spezieller gefäßchirurgischer Versorgung angeraten gewesen. Die von Bernd H. reklamierten massiven Blauverfärbungen beider Unterschenkel existieren in den Krankenblättern jedoch nicht.
Der Sachverständige sagte, er sehe »keinen kritischen Behandlungsfehler«. Die Mediziner im Lübbecker Krankenhaus hätten in jenen Wochen das Für und Wider einer Verlegung sowie gezielte weitere Untersuchungen abwägen müssen. So wären »alle invasiven Maßnahmen mit einem Risiko für den Patienten verbunden gewesen«, sagte der Sachverständige nun vor der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld. Der »Knackpunkt« der Behandlung sei der Zustand des Herzens gewesen: »Die Patienten sterben eben nicht an den Verschlüssen in den Beinen, sie sterben am Herzinfarkt.« Zudem müsse im Nachhinein klar gestellt werden, dass seinerzeit die Internisten und Kardiologen die Verantwortung für diesen Patienten getragen hätten, nicht der Gefäßchirurg. Die Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld schloss sich der Expertenmeinung an, wies die Klage des Lübbeckers ab.Az.: 4 O 21/05

Artikel vom 21.12.2006