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»Jahrgang 1927« - eine
lesenswerte Biografie

Johannes Fredebeul über Jugend und Kriegsjahre

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Dokumentationen im Fernsehen, Zeitzeugenberichte und Rückblicke auf den zweiten Weltkrieg - es gibt sie regelmäßig in allen Medien. »Und sie alle sind unverzichtbar«, sagt Dr. Johannes Fredebeul. Seine ganz persönlichen Erinnerungen hält der Bielefelder in seinen Händen, in gedruckter Form. Der 79-Jährige hat sie in einem Buch zusammengetragen und veröffentlicht.

»Jahrgang 1927« heißt das Buch, mit dem Johannes Fredebeul seine ganz persönliche Biographie daheim an der Schreibmaschine in Worte gefasst, seine eigene Abrechnung mit den dunklen Jahren deutscher Vergangenheit vorgenommen hat, mit Jahren, die auf diese oder ähnliche Weise ganz viele junge Männer erleben mussten. Johannes Fredebeul ist einer von ihnen gewesen, ein Jahrgang 1927. Er war kein hoher Dienstgrad, hatte keine Sonderstellung, sondern war ein ganz normaler deutscher Junge, den es in Kinderlandverschickung, in Arbeitsdienst und schließlich in den Krieg verschlug, nach Osten und schließlich in den Kessel von Berlin.
Heute ist Johannes Fredebeul 79 Jahre alt. Aber er hat jeden einzelnen Tag seiner Jungenjahre nie vergessen. Und er hat etwas getan, was ihn von vielen Altersgenossen unterscheidet. Fredebeul, seit 1983 in Bielefeld zu Hause und als Grundstückskaufmann bekannt, hat sich an die alte mechanische Schreibmaschine gesetzt, einen Bogen eingespannt und ist einfach angefangen, mit zwei Fingern Fragmente seiner Biographie zu verfassen, sie Mosaikstein um Mosaikstein zu einer spannenden Geschichte zusammenzufügen. Erlebnisse und Erfahrungen, Gefühle und Gedanken hat er in Worte gekleidet. Über viele Jahre.
»Damals im Hotel habe ich die Leute bestimmt ganz schön genervt«, erinnert sich Fredebeul mit einem Augenzwinkern an Urlaubswochen, die er in Begleitung seiner Reiseschreibmaschine am Mittelmeer verbrachte. Das monotone Hämmern der zwei Finger auf der mechanischen Tastatur sorgte dafür, dass Fredebeuls in Worte gekleidete Erinnerungen gewissermaßen für eine schlaflose Mittagsruhe bei Hotelgästen sorgten. Den großen Rest verfasste Johannes Fredebeul daheim in Bielefeld. Detailgenau schildert er all die einschneidenden Erlebnisse im Arbeitsdienst, während des Krieges im Osten, berichtet von Begegnungen mit Menschen, die er auch nach Jahrzehnten nie vergessen hat, berichtet von Verwundung und Erfrierung, von Lazarett-Aufenthalten und nicht zuletzt von den turbulenten ersten Nachkriegswochen, die er als »Soldat von englischen Gnaden« in Schönberg an der Ostsee verbringt, wegen guter englischer Sprachkenntnisse als »German Control« bei der Bewachung russischer Soldaten einsetzt.
Schreckliche Bilder der Kriegstage haben sich Fredebeul bis heute ins Gedächtnis gebrannt. Vieles davon hat er in seinem Buch verarbeitet. Illustriert hat er es mit vielen kleinen Schwarzweiß-Fotografien, von Eltern, Großeltern, Schultagen. Sie alle unterstreichen den Anspruch, dem Fredebeul mit diesem Buch gerecht werden kann. Seine Biografie ist nicht außergewöhnlich, sondern einfach »normal«. Es macht sie gerade deshalb für viele Gleichaltrige so leicht nachvollziehbar, vergleichbar und bbesonders lesenswert.
Sein nächstes Buch hat Fredebeul, der als sprichwörtlicher »unruhiger Geist« auch erst im Ruhestand sein Jurastudium abschloss und in seinem Erstlingswerk einmal eine »Humor-Apotheke« eröffnet hatte, ebenfalls schon konkret geplant. Es hat bereits zwei Kapitel und wird von seinen acht Jahren in Brasilien handeln. »Erscheinen soll es im kommenden Jahr«, plant Johannes Fredebeul. Schließlich hat der Senior längst auch ein drittes Konzept in der Schublade. Mit einer »Chronik der Familie« möchte er Söhnen und Enkeln einmal in gedruckter Form an die Hand geben, was ein Onkel einst als emsiger Ahnenforscher begonnen hatte. Fredebeul: »Der hat die Wurzeln der Familie bis 1272 zurückverfolgt. Das gibt spannende Kapitel westfälischer Geschichte.«

Artikel vom 28.12.2006