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Deutsches Zwillingspaar von
Nominierung völlig überrascht

Das WM-Schiedsrichtergespann Bernd und Reiner Methe aus Vellmar

Von Volker Krusche
Halle (WB). Oktober 2005. Für Reiner Methe und seinen Zwillingsbruder Bernd ein schicksalhafter Monat. Nach einem Hörsturz muss Reiner die Teilnahme an der Frauenhandball-Weltmeisterschaft im russischen St. Petersburg absagen. Schweren Herzens.

Doch wie Phönix aus der Asche kehren beide nun beim noch bedeutenderen Event, der WM der Männer im eigenen Land, auf die internationale Schiedsrichter-Bühne zurück. »Die Nominierung war eine echte Überraschung«, geben Reiner und Bernd unumwunden zu.
»Die Absage an die Internationale Handball-Föderation war sehr schade. Aber der Gesundheit ordnen wir alles unter.« Der Hörsturz kam für Reiner Methe wie ein Blitz aus heiterem Himmel. »Das war aber keine Folge der Schiedsrichterei, sondern scheint eher eine vererbte Sache zu sein. Vor 15 Jahren ist mir das schon mal passiert. Damals standen wir gerade auf dem Sprung von der Regionalliga in die 2. Bundesliga«, erklärte Reiner, der sofort ergänzt: »Der Handball ist da eher positiver Stress.« Auf jeden Fall meldete sich das neben den letztmaligen WM-Final-Schiedsrichtern Lemme/Ullrich anerkannteste deutsche Gespann bis zum Bundesliga-Rückrundenstart ab. »Ich habe die Zeit intensiv genutzt, mich ganz auf meine Gesundheit konzentriert. Der Abstand zum Handball hat zudem ganz gut getan.«
Mit dem Halbzeit-Lehrgang am 18. Januar stiegen Methe/Methe wieder ein, starteten mit einem Zweitligaspiel in Spenge, um danach wieder in Liga eins ihren Mann zu stehen. Erfreut waren die 42-jährigen Referees über die Reaktion des Weltverbandes. Der für die Schiedsrichter bei der IHF zuständige Amerikaner Christer Ahl hatte sie angerufen und sein Bedauern ausgesprochen. »Er hätte uns sowohl fachlich als auch als Persönlichkeit gern dabei gehabt, da sich der Kader gerade im Umbruch befand«, freut sich Bernd Methe noch heute über die Anerkennung.
»Wichtig aber war, dass Ahl uns versicherte, dass wir trotz der Zwangspause weiter dem Elite-Kader angehören.« Als dann im Herbst auf einmal die Nominierung für die Männer-WM bei den Vellmarern eintraf, war das für sie wie ein Sechser im Lotto. »Damit hatten wir im Traum nicht gerechnet, schließlich sind wir bislang bei Großereignissen nur im Frauenbereich tätig, während Lemme/Ullrich bei den Männern pfeifen. Und zwei Gespanne aus einer Nation hat es bei einer Weltmeisterschaft noch nicht gegeben.«
Entscheidend für die Berücksichtigung war neben der Erfahrung, die die Zwillinge unbestritten mitbringen, auch die Leistung, die sie u.a. auch in der diesjährigen Champions League boten. Bernd Methe: »Da steht man ständig unter Beobachtung.«
Das gilt auch jetzt, wenn die beiden Unparteiischen in Deutschland brenzlige Partien leiten. So unlängst erst das Meisterschaftsspiel zwischen Kiel und Lemgo, den Pokal-Hit der Gummersbacher in Magdeburg oder das 52. Derby zwischen Minden und Lübbecke.
Am 17. Januar treffen sich Bernd und Reiner Methe mit den anderen WM-Schiedsrichtern in Berlin zur Einweisung. Erst dann werden sie erfahren, welche Spiele der Vorrunde sie leiten. Die Hauptrunde, in der beide noch dabei sein möchten, wird erst später besetzt. Im Finale allerdings würden sie gern zurückstehen. »Da lassen wir gern der deutschen Mannschaft den Vortritt«, so Bernd Methe. »Uns würde es schon reichen, wenn wir an den Finaltagen in Köln dabei wären.«
Im Gegensatz zu DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier, der Bedenken anmeldete, ob die Schiedsrichter aus anderen Kontinenten der Qualität der Spieler gerecht werden, haben Methe/Methe diese Befürchtungen nicht. »Bei der ersten WM-Maßnahme in Rotenburg und den Spielen beim World-Cup waren die Gespanne aus allen Teilen der Welt dabei. Da konnten wir uns von ihrem hohen Niveau überzeugen.«
Wenn die Methes mal nicht im Einsatz sind, sondern auf der Tribüne sitzen, dann genießen sie inzwischen das Spiel. Bernd Methe: »Früher haben wir darauf geschaut, was die Kollegen machen. Doch mit der Erfahrung wird auch der Genuss größer, ein schönes Handballspiel sehen zu wollen.«
Nicht ungelegen kommt den Zwillingen übrigens die Tatsache, dass sie - zumindest im Sport - kaum jemand auseinander halten kann. »Dadurch stehen wir immer gemeinsam im Blickpunkt. Daher pflegen wir das auch«, sagt Bernd, der dann aber doch einen Tipp parat hat. »Einen Unterschied gibt es. Reiner hat ein kleines Muttermal auf der rechten Wange.« Was von der Tribüne aber nicht zu erkennen ist. Vorteil, Methe und Methe!

Artikel vom 23.12.2006