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Familie zahlte
Urlaub doppelt

Ehepaar aus Löhne droht Anklage

Von Christian Althoff
Löhne (WB). Das Amtsgericht Herford entscheidet in dieser Woche, ob ein ehemaliger Polizist nach vier Monaten U-Haft zu Weihnachten entlassen wird. Er soll zusammen mit seiner Frau zahlreiche Urlauber um ihr Geld betrogen haben.
Das Hotel Delfin in Porec: Viele Urlauber hatten bezahlt, doch ihre Zimmer waren nicht gebucht.

Kriminaloberkommissar Wolfgang K. (50) aus Löhne (Kreis Herford) war 2004 nach einem zehn Jahre dauernden Rechtsstreit aus dem Polizeidienst entlassen worden. Bereits zuvor hatte er mit seiner Frau Bettina das Reisebüro »Kroatien direkt« aufgebaut, das er von zu Hause aus betrieb. Zuletzt soll Wolfgang K. das Geld seiner Kunden nicht mehr an Hotels weitergeleitet haben. So mussten Sportvereine nach ihrer Ankunft in Porec Bürgschaftserklärungen abgeben, um ihre Zimmer beziehen zu dürfen. »Die Hotels hatten kein Geld bekommen«, sagt ein Vereinsfunktionär.
Auch Erwin Wölk (64) gehört zu den Geschädigten. Er betreibt in Vodice das Appartementhaus »Villa Sanja« und hat die Wohnungen jahrelang von Wolfgang K. vermitteln lassen. »Alles lief reibungslos - bis Wolfgang Anfang 2006 das Geld nicht mehr überwies und sich immer neue Ausreden einfallen ließ.« Erwin Wölk hatte Mitleid mit den Urlaubern (»Die hatten ja zum Teil 1700 Kilometer hinter sich«) und schickte sie nicht zurück. Deshalb fehlen ihm nun nach eigenen Angaben 12 500 Euro.
In anderen Fällen mussten Urlauber abreisen oder ein zweites Mal bezahlen. Ein Familienvater aus Löhne: »Als wir vier nach 13 Stunden in Porec im Hotel Delfin ankamen, waren keine Zimmer für uns gebucht.« Die Familie suchte sich auf eigene Kosten ein anderes Hotel und versucht bis heute, ihr Geld zurückzubekommen.
»Wolfgang hat auf zu großem Fuß gelebt und sich teure Autos, teures Essen und Immobilien geleistet«, behauptet Erwin Wölk. Nach Angaben des 64-Jährigen und weiterer Geschädigter gehören Wolfgang K. und seiner Frau das Hotel »Tennis-Oase« in Porec sowie ein Appartementhaus auf Sylt. »Die Tennis-Oase ist zwar heruntergekommen. Sie ist aber nur mit 60 000 Euro beliehen und das Zehnfache wert«, glaubt Erwin Wölk zu wissen. Er hoffe, dass die Staatsanwaltschaft die Immobilien noch arrestiere, um die Betrugsopfer zu entschädigen. Mario Prigge, der Anwalt des inhaftierten Ex-Polizisten, wollte sich gestern nicht dazu äußern, ob das Ehepaar tatsächlich über diese Immobilien verfügt.
Aus der Vielzahl der Strafanzeigen hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld 46 Fälle herausgesucht, die sie voraussichtlich zur Anklage bringen wird - wobei sich hinter jedem Fall zahlreiche Geschädigte verbergen. Der Gesamtschaden dieser 46 Fälle soll 140 000 Euro betragen. Obwohl auch die Ehefrau des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges beschuldigt wird, war nur ihr Mann im August in U-Haft gegangen - weil er den Betrug fortgesetzt haben soll, obwohl er gewusst hatte, dass gegen ihn ermittelt wird.

Artikel vom 19.12.2006