21.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Einsamer verfällt einer Kriminellen

Mit »Lichter der Großstadt« schließt Aki Kaurismäki seine finnische Trilogie ab

Mit »Lichter der Großstadt« schließt der finnische Filmemacher Aki Kaurismäki seine Trilogie über Menschen im sozialen Abseits ab. Nach Arbeitslosigkeit (»Wolken ziehen vorüber«) und Obdachlosigkeit (»Der Mann ohne Vergangenheit«) führt er sein Publikum nun über knapp 78 Minuten durch die Hölle der Einsamkeit.

Der Wachmann Koistinen (Janne Hyytiäinen) durchlebt sie mit ungebrochener Leidensfähigkeit. Er ist ein Ausgeschlossener, der dennoch seinen Optimismus behält. Isoliert unter Kollegen, wird er abends in der Kneipe neben die Toilettentür abgedrängt. Die Frau vom Imbisswagen scheint die einzige zu sein, die sein Dasein zur Kenntnis nimmt.
Doch dann taucht Mirja (Maria Järrenkelmi) auf, eine femme fatale, die dem Einsamen Hoffnung macht. Sie ist der Lockvogel für ein paar Gangster, die einen Juwelenraub planen, und der romantische Trottel Koistinen soll sie nachts auf einen Kontrollgang durch das Einkaufszentrum mitnehmen.
Der Film-noir-Plot fügt sich in Kaurismäkis minimalistische Form, und in »Lichter der Vorstadt« hat er seinen Stil nochmals reduziert. Um so schwerer lastet die Melancholie auf den Bildern, die virtuos das soziale Nichts vermitteln. Immer wieder konterkarieren romantische Songs die Trostlosigkeit und erzählen von den eingeschlossenen Sehnsüchten. In der großartigen Eingangssequenz lädt ein finnischer Schlager lebloses Betonambiente mit Emotionen auf.
Nirgends lässt sich grenzenlose Einsamkeit besser illustrieren als an menschenleeren Orten, die mit Gefühlssurrogaten aus Lautsprechern beschallt werden. Darum erlebt Kaurismäkis Film seinem Höhepunkt schon zu Beginn. Denn trotz der großartigen Inszenierung mit ihren lakonischen Wendungen driftet er in die Leere. Koistinen wird für den Juwelenraub ins Gefängnis gehen, weil er Mirja nicht verraten will. Nach zweijähriger Haft kehrt er in eine Welt zurück, in der es keinen Platz mehr für ihn zu geben scheint. »Lichter der Großstadt« erzählt vom Leidensweg eines Heiligen und seiner Schicksalsergebenheit.

Artikel vom 21.12.2006