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Eingehüllt in viel buntes Licht, sangen »Gregorian« in der ausverkauften Altstädter Nicolaikirche.

Kommerz der
Pop-Mönche
im Neonlicht

Dennoch Ovationen für »Gregorian«

Von Hanne Biermann
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Es war eine allzu kommerzielle Show, die der Chor »Gregorian« in der Altstädter Nicolaikirche bot. Neben grellen Lichteffekten und Synthesizer-Klängen blieben die professionellen Stimmen der acht Sänger im Hintergrund.

Die Idee ist gut: Pop- und Rockklassiker werden im Choral-Stil der Gregorianik (benannt nach Papst Gregor I.) überarbeitet und von einem Männerchor intoniert. Auf der neuen CD »Christmas Chants« sind nun Weihnachtslieder zu hören, die »Gregorian« am Sonntag in der ausverkauften Nicolaikirche präsentierten. Neben neueren Songs wie John Lennons »Happy Xmas (War is over)« und »Angels« von Robbie Williams sangen die Engländer, die zum ersten Mal in Bielefeld gastierten, auch traditionelle Lieder wie das »Ave Maria«.
Gelegentlich wurde der gregorianische Chor von der Sängerin Amelia unterstützt. Diese überzeugte zwar mit ihrer Stimme, doch wollte ihr divenhafter Auftritt nicht recht zu den in Mönchskutten gekleideten Männern passen.
Die akustischen Möglichkeiten der Kirche wurden nicht genutzt, die Mikrofone der Sänger verhinderten dies. Deshalb war es zwar nett anzusehen, als die falschen Mönche sich bei einigen Liedern im Raum verteilten, doch aufgrund der Lautsprecher wurde den Zuschauern die Chance auf ein individuelles Hörerlebnis genommen. Andererseits wurde die besinnliche Atmosphäre der Kirche gekonnt durch buntes Licht durchbrochen. So leuchtete der historische Antwerpener Altar der Altstädter Nicolaikirche mal in Lila und mal in Neongrün. Die Lieder des gregorianischen Chores wurden meist von Synthesizer-Klängen und E-Gitarre begleitet, die keine besinnliche Atmosphäre aufkommen ließen.
Dass es auch anders geht, bewiesen die acht Sänger bei »The Coventry Carol«. Auf der Empore der Kirche, angestrahlt von schlichtem, weißen Licht, begeisterten sie a cappella mit ihren professionellen, klaren Stimmen. Sympathisch waren auch die Ansprachen an das Publikum, die größtenteils auf Englisch gehalten wurden.
Den Abschluss des anderthalbstündigen Programms bildete »Süßer die Glocken nie klingen«. Die letzte Strophe sang der Chor auf Deutsch und lud das Publikum zum Mitsingen ein.
Am Ende hatte die kitschige Show die Zuschauer überzeugt: Sie honorierten den »Gregorian«-Auftritt mit stehenden Ovationen.

Artikel vom 20.12.2006