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Geld, Gefühl oder Konzept?
Von Heesen muss entscheiden

Ob eine weitere Zusammenarbeit möglich ist, soll sich diese Woche zeigen

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). »Ich gehe davon aus, dass ich am 3. Januar das Auftakttraining zur Rückrundenvorbereitung leiten werde.« Mit diesen Worten verabschiedete sich Arminia Bielefelds Trainer Thomas von Heesen nach dem 0:1 gegen Schalke 04 aus dem ersten Teil der Fußball-Bundesligasaison 2006/2007.

Ihre sportlichen Aufgaben hat die Arminia erledigt. Doch die Hinrunde hat ein Nachspiel. Denn die wichtigste Entscheidung steht noch aus. Bleibt Thomas von Heesen Trainer des Tabellenachten? Oder entscheidet er sich für eine Liaison mit der heftig um ihn buhlenden Dortmunder Borussia? Und wenn ja, lässt von Heesen die Arminia noch im Winter sitzen, um schon im Januar mit der Borussia durchzubrennen?
Eine Antwort auf diese Fragen soll möglichst rasch gefunden werden. In dieser Woche werden sich DSC-Finanzgeschäftsführer Roland Kentsch, Sportgeschäftsführer Reinhard Saftig, Trainer Thomas von Heesen und dessen Berater Wolfgang Vöge an einen Tisch setzen. Und zwar voraussichtlich am Mittwoch. »Dann werden wir ein Gefühl dafür entwickeln, ob eine weitere Zusammenarbeit möglich ist«, sagte Roland Kentsch. Verhalten optimistisch fügte der Finanzboss hinzu: »Ich tendiere dazu, dass er bleibt.«
Eine handfeste Begründung für seine Zuversicht fand Kentsch aber nicht. Erst sagte er: »Ich glaube, dass Thomas von Heesen vom Herzen her ein Armine ist.« Im nächsten Satz sah Kentsch im kalten Fußballgeschäft für Gefühlsduselei aber schon keinen Platz mehr: »Es wird letztlich weniger auf die emotionale Komponente, sondern eher auf die Fakten ankommen.«
Ja, was denn nun? Gefühl oder Geld? Letzteres kann es ja eigentlich nicht sein. Jedenfalls nicht, wenn man Thomas von Heesens Worten Glauben schenkt. »Es geht mir nicht ums Geld«, betonte der 45-Jährige mehrfach. Worauf es ihm ankomme, sei das Konzept. »Die entscheidende Frage ist, ob der Verein und ich die gleiche Definition von Fortschritt haben«, sagte von Heesen. Er wolle wissen, ob er im anzunehmenden Fall der vierten Erstligasaison in Folge andere Ziele anpeilen könne als den Ligaverbleib. »Wenn es für den Verein das Limit ist, drei Mannschaften hinter sich zu lassen, dann habe ich dafür absolut Verständnis«, sagte von Heesen. Sollten die Geschäftsführer während des Verhandlungstermins in dieser Woche allerdings auch als Saisonziel 2007/2008 den Klassenerhalt ausgeben, dürfte klar sein, dass von Heesen seine Sachen packt, auch wenn er als ehemaliger Sportgeschäftsführer der Arminia wisse, »dass man hier einen Spagat finden muss«.
Glaubt man Gerüchten aus Dortmund, ist das aber überhaupt nicht mehr notwendig. Dem Geflüster zufolge soll es zwischen BVB und DSC nämlich nur noch um die Ablöse für den Trainer gehen. Roland Kentsch geht allerdings nicht davon aus, dass bereits eine Entscheidung gefallen ist: »Ich glaube, dass Thomas von Heesen schwankt.« Er erwarte auch nicht, dass das für diese Woche terminierte Gespräch eine Entscheidung herbeiführe. »Irgendwann während des Trainingslagers«, vermutet Kentsch, »wird es wohl dazu kommen.«
Sollte das Zukunftskonzept, das der Verein von Heesen vorlegen wird, stark von dem des Trainers abweichen, fällt die Entscheidung vielleicht ja doch noch vor Weihnachten. Auch Arminias Fans ahnen offenbar, dass eine Trennung, sogar eine baldige, keineswegs ausgeschlossen ist. »Wechsel? Wir warnen vor den Spätfolgen« war auf einem Plakat in der SchücoArena zu lesen. Der DSC-Anhang erinnerte damit an das Schicksal des von-Heesen-Vorgängers Uwe Rapolder. Einst zog es ihn aus Bielefeld nach Köln, wo ihn der zornige Geißbock nach nur einem halben Jahr auf die Hörner nahm und vom Hof jagte. Noch heute, zwei Jahre später, befindet sich Rapolder auf der Suche nach einem neuen Verein.

Artikel vom 18.12.2006