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Vorerst keine
Hinrichtungen

Nach qualvollem Tod eines Mörders

Miami (dpa/Reuters). Nach dem qualvollen, 34 Minuten dauernden Todeskampf eines Häftlings haben die US-Bundesstaaten Florida und Kalifornien den Vollzug der Todesstrafe vorläufig ausgesetzt.

Der Gouverneur von Florida, Jeb Bush, begründete am Wochenende in Miami seine Entscheidung mit der Sorge um die Verletzung grundlegender Verfassungsrechte. Der Bruder des US-Präsidenten George W. Bush beauftragte eine Kommission, bis Anfang März zu prüfen, ob Hinrichtungen mit Giftspritzen überhaupt mit der US-Verfassung vereinbar sind. Eine Menschenrechtsorganisation reichte überdies umgehend Klage beim Obersten Gerichtshof Floridas ein. In Floridas Gefängnissen warten derzeit 374 Menschen auf die Vollstreckung der Todesstrafe.
Der 55-jährige Angel Nieves Diaz war am Mittwoch mit einer Giftspritze hingerichtet worden und erst nach langem Todeskampf gestorben (wir berichteten). Augenzeugen schilderten laut »Miami Herald« die offensichtlichen Qualen, die der 1979 wegen eines Mordes verurteilte Diaz zu erleiden hatte. Normalerweise dauere es höchstens ein paar Minuten, bis ein Verurteilter das Bewusstsein verliere und höchstens eine Viertelstunde, bis die Todesspritze ihre volle Wirkung erziele, zitierte der Sender MSNBC den zuständigen Gefängnisarzt. Allerdings hatten bei Diaz offenbar die Injektionsnadeln seine Venen durchstochen, so dass das Gift nicht umgehend in die Blutbahn floss. Deshalb sei der Mann bei Bewusstsein geblieben, bis schließlich eine weitere Spritze verabreicht worden war.
Auch in Kalifornien hob ein Bundesrichter den Vollzug der Todesstrafe vorübergehend auf, weil Todesspritzen möglicherweise verfassungswidrig seien. Die Verfassung verbiete grausame und außergewöhnliche Bestrafungen, sagte Richter Jeremy Fogel in San Jose. Im Bundesstaat Missouri war schon im November der Vollzug der Todesstrafe wegen der fragwürdigen Methode mit der Giftspritze ausgesetzt worden.
Angel Nieves Diaz (55) war vor 27 Jahren zum Tode verurteilt worden. Er hatte eine Barangestellte ermordet. Der Bundesstaat Florida hatte im Jahr 2000 Hinrichtungen auf dem elektrischen Stuhl gestoppt, nachdem zwei Todeskandidaten bei der Hinrichtung Feuer gefangen hatten.
In den USA entscheiden die einzelnen Bundesstaaten über die Todesstrafe. Sie ist gegenwärtig in 37 der 50 Staaten zugelassen. Die Bundesverfassung untersagt »ungewöhnliche und grausame Bestrafungen«. Gegner der Todesstrafe sehen dieses Prinzip grundsätzlich bei jede Hinrichtung verletzt. In den USA wurden in diesem Jahr bislang 53 Menschen hingerichtet, die geringste Zahl seit zehn Jahren.

Artikel vom 18.12.2006