16.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein begnadeterRedner
von großer Reputation

Prof. Ronald M. Dworkin lässt kein heißes Eisen aus

Bielefeld (bp). Laudator Prof. Jürgen Habermas (77) nennt Prof. Ronald M. Dworkin (75) eine »Ausnahmeerscheinung«. Der US-Amerikaner, der Rechtsphilosophie in New York und London lehrt, wurde gestern Abend in der Stadthalle mit dem Bielefelder Wissenschaftspreis im Gedenken an den Soziologen Niklas Luhmann geehrt.

Hans-Georg Vogt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bielefeld und ihrer Stiftung, die den Preis ausgelobt hat, betonte, man habe sich damit zum Ziel gesetzt, das Profil der Stadt als Hochschulstandort zu schärfen und weiter zu entwickeln. Mit Dworkin habe sich die Jury für einen Preisträger entschieden, der nicht nur ein herausragender Wissenschaftler sei, sondern auch ein Denker, der sich immer wieder in aktuelle politische Debatten einmische, klar Position beziehe und so den politischen Diskurs mitbestimme.
Prof. Jürgen Habermas lobte Dworkin als einen »Solitär im Kreis der Rechtsgelehrten wie der Philosophen«, er genieße große Reputation und sei ein begnadeter politischer Redner. Dworkin lasse kein heißes Eisen aus. Habermas: »Seit den 1960er Jahren gibt es in der amerikanischen Öffentlichkeit kaum eine politische Kontroverse von Wichtigkeit, die Dworkin nicht dazu herausgefordert hätte, seine politischen Gegner vor das Forum wohlerwogener Gründe zu zitieren.« Er verhandele »uneingeschüchtert« Guantanamo und terroristische Gefahren, diskutiere über staatliche Sicherheitsinteressen und Eingriffe in individuelle Bürgerfreiheiten über Todesstrafe und die Aushöhlung des Strafrechts. Als Patriot beschwöre er »über sehr tiefe Gräben hinweg« die Grundlagen der gemeinsamen politischen Kultur.
Universitäts-Rektor Prof. Dieter Timmermann betonte, der Bielefelder Wissenschaftspreis gehe nicht an Luhmann-Dogmatiker, »sondern an solche Denker, die sich durch ihre eigenen Arbeiten der Theorieleistung des Soziologen würdig erwiesen haben - was heute selbstverständlich in einem kaum überbietbaren Maß der Fall ist.«
Oberbürgermeister Eberhard David betonte, dass die Hochschulen die Stadt prägen würden. Er wünschte sich gleichzeitig auch, dass »die Wege zwischen City und Campus nicht ganz so lang wären«. Aber, so David: »Stadt und Universität haben mittlerweile zusammen gefunden.«
Neben dem Preisgeld in Höhe von 25 000 Euro bekam Prof. Dworkin einen buchstäblich greifbaren Preis, gestaltet von Hendrik Albowitz: ein, so Hans-Georg Vogt, »kleines Kunstwerk« und gleichzeitig ein Zettelkasten. Der berühmte Zettelkasten nämlich sei mit Niklas Luhmann untrennbar verbunden. Der Soziologe habe einmal gesagt, dass sein Zettelkasten mehr wisse als er selbst. Vogt überreichte den Preis gemeinsam mit Professor Timmermann und Oberbürgermeister David.
Musikalisch gestaltete das Streichquartett »Manon & Co« den Abend.

Artikel vom 16.12.2006