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Neuwahl-Aufruf löst
weitere Unruhen aus

Gefechte zwischen Hamas und Fatah: 19-Jährige stirbt

Gaza (Reuters). Der gemäßigte Präsident Mahmud Abbas hat mit einem Aufruf zu Neuwahlen weitere Unruhen in den ohnehin von Gewalt erschütterten Palästinensergebieten ausgelöst. Der Beschuss eines Büros des Präsidenten in Gaza weckte Befürchtungen, die Unruhen könnten in einen Bürgerkrieg münden.
Eine 19-Jährige starb, als sie bei Gefechten zwischen Anhängern der regierenden radikal-islamischen Hamas und der rivalisierenden Fatah Abbas' ins Kreuzfeuer geriet.
Gestern wurde zudem der Fahrzeugkonvoi des Außenministers Mahmud al-Sahar attackiert, der zur Hamas gehört. Abbas' Elitetruppen riegelten die Residenz des Präsidenten in Gaza unterdessen vorsorglich ab. Maskierte Männer hatten zuvor ein Lager der Präsidentengarde gestürmt und einen Wachmann getötet. Sowohl Hamas als auch Fatah mobilisierten ihre Anhänger, die zu Zehntausenden im Gazastreifen und dem Westjordanland auf die Straße gingen.
Der Präsident hatte angesichts der Spannungen zwischen den Palästinensern und den inzwischen bürgerkriegsähnlichen Zuständen zu Neuwahlen aufgerufen. Es solle sobald wie möglich ein neues Parlament bestimmt werden, sagte Abbas. Zugleich schlug er Präsidentenwahlen vor, ließ allerdings die Tür für weitere Verhandlungen über eine Einheitsregierung mit der rivalisierenden Hamas offen.
Die Hamas lehnte den Vorstoß umgehend ab und erklärte, Abbas habe dazu nicht die Befugnis. Den Neuwahlplan verwarf sie als Umsturzversuch.
Einer gestern veröffentlichten Umfrage zufolge wächst in der Bevölkerung derweil die Zustimmung für die Fatah, während die Hamas an Unterstützung verliert. Demnach hätte die Bewegung von Abbas bei einer Wahl 42 Prozent der Stimmen bekommen, die regierende Hamas dagegen nur 36 Prozent. Über 60 Prozent der Befragten befürworteten Neuwahlen, ein Drittel war dagegen.
Wenige Stunden nach dem Aufruf Abbas' zu Neuwahlen kam es erneut zu Gefechten zwischen Hamas- und Fatah-Anhängern. Neben dem Tod der jungen Zivilistin im Gaza-Streifen gab es nach Augenzeugenberichten in dem Gebiet auch mindestens sechs Verletzte. Außenminister Sahar sei dem Angriff auf seinen Konvoi im Gazastreifen unverletzt entgangen, hieß es unter seinen Beratern.
Die Angreifer des Ausbildungslagers von Abbas' Präsidentengarde hätten Uniformen getragen, die denen der Hamas-Extremisten ähnelten, sagte ein Offizier der Garde. Die maskierten Männer überfielen das Lager demnach im Morgengrauen. Den Wachmann am Eingang hätten sie aus nächster Nähe erschossen. Dann hätten sie das Lager gestürmt, Dutzende Zelte in Brand gesteckt und sich Schusswechsel mit den Elitetruppen geliefert.
Es ist das erste Mal, dass die Abbas ergebenen Offiziere auf diese Weise angegriffen wurden. Die Garde wird von den USA unterstützt und hat fast 4000 Mitglieder.

Artikel vom 18.12.2006