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Kunst braucht eben mehr Raum

Für die »documenta« 2007 soll noch ein »Glaskasten« gebaut werden

Von Chris Melzer
Kassel(dpa). Roger M. Buergel lächelt. »Wir sind im Grunde fertig«, sagt der künstlerische Leiter der documenta, ein halbes Jahr vor Beginn der Kunstausstellung in Kassel.

»Mit den künstlerischen Projekten ist alles klar, aber es würde vielleicht manche konsternieren, wenn wir plötzlich am Wochenende mit der documenta anfangen würden.« Der Chef übertreibt: Sechs Monate vor Beginn der alle fünf Jahre stattfindenden Ausstellung steht vielleicht das künstlerische Konzept, ein erhebliches Problem bleibt: Buergel fehlt der Ausstellungsraum. »Ich will raus aus der Enge, Kunst braucht Platz«, betont der 44-Jährige.
Das Fridericianum mitten in Kassel, einer der ersten Museumsbauten Europas und Zentrum der bisherigen elf documenta-Schauen, soll nur noch Nebenschauplatz sein. Doch Ersatz ist nicht greifbar. Auf Werkhallen und Industriecharme hat Buergel keine Lust: »Es ist 2007 an der Zeit, sich von dem kuratorischen Manierismus zu trennen und nicht länger so zu tun, als wären Fabrikhallen ein neutraler Hintergrund«, kritisiert Buergel den Trend, mit einem Gegensatz zwischen Kunst und Industrie zu kokettieren. Bei Buergels Vorgänger Okwui Enwezor kamen bei der documenta 11 noch ganz praktische Gründe dazu: An den feuchten Wänden einer Kasseler Brauerei wellten sich die Fotos zum Entsetzen der Künstler.
»Wir brauchen noch 12 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche«, sagt Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen. Doch der Politiker gibt sich sechs Monate vor seiner ersten documenta als Stadtoberhaupt optimistisch. »Ich bin guter Dinge. Der Glaspalast wird rechtzeitig stehen.« »Glas- « oder auch »Kristallpalast« ist in documenta-Kreisen der Arbeitstitel für Buergels Lieblingsprojekt: Ein neuer Ausstellungsbau, nur für die hundert Tage der documenta, mitten in der Karlsaue, einem großen Barockgarten direkt an der Kasseler Innenstadt.
Drei Millionen Euro soll der Bau kosten. Aus dem offiziellen Etat, zur Hälfte öffentliche, zur anderen Hälfte Sponsoren-, Vermarktungs- und Eintrittsgelder, werde kein Cent kommen. Abhilfe soll ein »Initiativkreis« betuchter Kunstfreunde aus aller Welt schaffen.

Artikel vom 16.12.2006