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Die Johanneskirche im Geburtstagslicht

Zum 50. Jahrestag seiner Einweihung erstrahlte das Queller Gotteshaus ungewohnt farbig

Von Markus Poch (Text und Fotos)
Quelle (WB). Geburtstagskinder müssen einfach Geschenke kriegen, und so hat sich auch die Queller Johanneskirche 50 Jahre nach ihrer Einweihung eine Aufmerksamkeit verdient. Das empfanden die beiden Queller Pfarrer Carsten Ledwa und Matthias Dreier, ließen das Gotteshaus zum Stichtag, am Samstag, 16. Dezember 2006, von einem Beleuchtungsspezialisten ins »rechte Licht« rücken. Zielgerichtete Spenden hatten diese Aktion möglich gemacht.

Deshalb wanderten am Wochenende beim 26. Queller Weihnachtsmarkt längst nicht alle Blicke unmittelbar in den Glühweinkrug oder auf die Bratwurst: Wenn scheinbar große Mengen blauer, roter oder bräunlicher Farbe dickflüssig an Giebel und Kirchenschiff herunterlaufen, dann sieht die gewohnte rote Backsteinwand schon sehr ungewöhnlich aus. »Wir nennen das Ýorganische Flüssig-ProjektionÜ«, erklärt Matthias Strobl. »Sie funktioniert mit einem drehbaren, transparenten Objektträger, über den die dort aufgebrachten Farbtropfen an die Wand geworfen werden. Während der Vorführung verlaufen sie. Das gibt den besonderen Effekt.«
Der 30-Jährige ist Chef der Bielefelder Firma »The Night Lab« und spezialisiert auf großflächige Fassaden-Illumination. Beim »Unternehmen Johanneskirche« setzte er vier Großprojektoren mit zusammen mehr als 15 000 Watt ein. Die Reaktionen der Queller Bürger auf diese abendliche, unangekündigte Überraschungsaktion der beiden Pfarrer reichten von begeistertem Staunen bis hin zum verständnislosen Kopfschütteln. Während Matthias Dreier die Inszenierung »sehr schön« fand, wünschte sich Carsten Ledwa vor allem trockeneres Wetter und für den Augenblick eine hellere Fassade, auf der das Licht-Spektakel sicherlich noch besser zur Geltung gekommen wäre.
Ein weiteres Ausrufungszeichen hinter den runden Geburtstag der Kirche setzte der Festgottesdienst am Sonntagmorgen. Um zu verdeutlichen, dass er das Gebäude als ein Geschenk von Eltern und Großeltern an die Gemeinde ansieht, packte Carsten Ledwa das Kirchenschiff symbolisch ein. Dazu verlegte er fast 50 Meter rotes Schleifenband in Form eines Kreuzes - einmal der Länge nach vom Eingang über den Altar bis zum Sandsteinrelief, einmal quer von der Kanzel bis zum Taufbecken. »Das ist auch die deutliche Linie der Kirche«, sagte er. »Der rote Faden durch das Leben des Menschen.« Am Ende des Gottesdienstes bekamen alle Gemeindeglieder ein Farbfoto des Kircheninnenraumes geschenkt, symbolisch aufgehängt an eben diesem roten Faden.
Zu den besonderen Geschichten rund um den Kirchengeburtstag gehört auch die des Queller Posaunenchores. Fünf der Bläser, die bereits vor 50 Jahren am selben Ort zur Einweihung spielten, waren am Sonntag zum Festgottesdienst noch immer dabei: Chorleiter Martin Welp (71), sein Bruder Karl-Heinz (68) sowie deren Kollegen Karl-Heinz Niewöhner (72), Manfred Kliem (72) und Dieter Bunselmeyer (65). Zur Vervollständigung aller Nostalgiegedanken spielten sie exakt das Lied, das sie auch damals angestimmt hatten - einen Vers des Komponisten Johann Stobäus. Martin Welp: »Für mich ist es Routine, ein ganz normaler Gottesdienst, aber langsam werden wir zu Zeitzeugen...«

Artikel vom 18.12.2006