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Historiker auf
Entdeckertour
in Eckardtsheim

630-Seiten-Buch ist jetzt erhältlich

Von Markus Poch (Text und Foto)
Eckardtsheim (WB). Wer sich für Geschichte und Entwicklung des Sennestädter Ortsteils Eckardtsheim interessiert, hat jetzt ein neues, umfassendes Nachschlagewerk: Gestern stellten die beiden Bielefelder Historiker Matthias Benad (55) und Hans-Walter Schmuhl (49) zusammen mit Ortschaftsreferent Horst Lange ihr aktuelles Buch vor: »Bethel - Eckardtsheim, Von der Gründung der ersten deutschen Arbeiterkolonie bis zur Auflösung als Teilanstalt (1882 bis 2001)«.

Das 630-Seiten-Werk im blauen Einband hat eine Startauflage von 700 Exemplaren. »Es ist aber keine Jubiläumsschrift«, betont Matthias Benad vor dem Hintergrund, dass Eckardtsheim 2007 seinen 125. Geburtstag feiert. Es sei eine Aufarbeitung der wechselhaften Geschichte des Ortsteils, die deshalb 2001 ende, weil damals das Ende der Teilanstalt der von Bodelschwinghschen Anstalten mit der Auflösung in Stiftungsbereiche besiegelt wurde.
Das Buch beschäftigt sich in der Hauptsache mit drei großen Themenbereichen: mit den religiösen und medizinischen Grundlagen in der Beziehung zwischen dem Mutterhaus Bethel und Eckardtsheim, zum zweiten mit einem Durchforsten aller unterschiedlichen Arbeitsfelder der Teilanstalt, zum dritten mit einem Gang durch die Geschichte. »Wobei wir den Schwerpunkt auf die turbulente Nachkriegszeit mit dem starken Ausbau und der Entwicklung von der reinen Männeranstalt hin zur gemischten Einrichtung gelegt haben«, erklärt Hans-Walter Schmuhl. Dabei hätten sie auch nicht davor gescheut, den »größten Feind des Historikers, den Zeitzeugen«, zu Wort kommen zu lassen, ergänzt Schmuhl schmunzelnd. In der Tat haben so renommierte Eckardtsheimer Persönlichkeiten wie Pastor im Ruhestand Berend Groeneveld oder die Diakone Rainer Nußbicker, Helmut Türpitz, Manfred Steingräber, Siegfried Meißner und viele andere mit ihren Berichten maßgeblich an der Entstehung dieses Buches mitgearbeitet.
»Unsere 15 bis 20 Treffen in den vergangenen sieben Jahren haben sich zu einem regelrechten Arbeitsseminar entwickelt«, berichtet Matthias Benad sehr angetan vom fruchtbaren Gedankenaustausch. »Auf diese Weise konnten wir unsere Archivstudien sehr gut mit aktuellen Einflüssen diverser Praktiker unterschiedlicher Generationen kombinieren.« Daraus habe sich laut Schmuhl ein »multiperspektivisches Bild« geformt, das Eckardtsheim als »Mikrokosmos der von Bodelschwinghschen Anstalten« zeige. Große historische Abläufe, so auch die schwierige Zeit des Nationalsozialismus und der Euthanasie, spiegelten sich darin wider.
Zielgruppe sind »Menschen, die den von Bodelschwinghschen Anstalten verbunden sind«. »Deshalb haben wir versucht, Wissenschafts-Chinesisch zugunsten gut lesbarer Texte zu vermeiden«, sagt Schmuhl. Aber natürlich sei das Buch auch Grundlage für wissenschaftliche Arbeiten: »Wer sich mit der Geschichte der Psychiatrie beschäftigt, kommt daran nicht vorbei.«
l Das Buch ist erschienen im Kohlhammer-Verlag und im Buchhandel erhältlich (ISBN-10: 3-17-019018-0, ISBN-13: 978-3-17-019018-4).

Artikel vom 15.12.2006