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Von Manfred Matheisen

Bielefelder
Optik

Zahlen müssen überzeugend sein


Der Rat hat am vorigen Donnerstag mit den Stimmen der »Koalition der Willigen« (SPD, Grüne, Bürgergemeinschaft und FDP) die Fortsetzung der Sennesee-Planungen beschlossen. CDU und »Bürgernähe« sehen in dem farbenfrohen, in dieser Zusammensetzung erstmalig auftretenden Bündnis eher eine »Koalition der Unvernunft«. Während die Seebefürworter von einer »Zukunftsinvestition« sprechen, sehen Christdemokraten und Bürgernähe horrend hohe Kosten auf die Stadt zukommen, die nach ihrer Meinung angesichts eines aktuellen Schuldenstandes von 900 Millionen Euro nicht zu finanzieren - und auch nicht zu verantworten sind.
Einen Freizeitsee wünschen sich die Bielefelder seit Jahrzehnten. Er wäre auch schon längst möglich. In Schildesche, als Ergänzung des Obersees. »Der Untersee wird kommen«, versprach Eberhard David in seinem Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters 1989. Zehn Jahre später entdeckte dann der SPD-Grande Rainer Wend das Thema als Wahlkampfhit. Die Realisierung schien nur noch eine Frage der Zeit. 18 Millionen Euro gab die Stadt für den erforderlichen Grunderwerb aus. Eine Studie belegte die Machbarkeit. Aber die Grünen, damals Juniorpartner der SPD im Rat, wollten den See nicht. Um Ratsmehrheit nicht zu gefährden, gaben die Genossen nach und versenkten das Projekt.
Nun also der Sennesee. Die Stadt dürfe für das Projekt nicht einen Euro herausrücken - darin waren sich alle Parteien einig. Zunächst Ein Gutachten hat mittlerweile vorgerechnet, dass das Gewässer nicht zum Nulltarif machbar ist, sondern dass der Kämmerer fünf Millionen Euro aus dem Etat bereitstellen muss. Die städtische Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft hält sogar einen Betrag von 14,5 Millionen Euro für notwendig. Und diese Einschätzung scheint deutlich realistischer zu sein als die Zahlen der Studie.
Das hat Ralf Nettelstroth (CDU) in der Ratsdebatte in etlichen Punkten belegt. Nur zwei Beispiele: Der Kauf der für den See erforderlichen Grundstücke kostet voraussichtlich 1,3 Millionen Euro mehr als im Gutachten ausgewiesen. Grunderwerbskosten in Höhe von 700 000 Euro für Lärmschutzwälle sind gar nicht erst angesetzt.
Über die Fragen, die die Studie offen lässt, wollten die Befürworter indes im städtischen Parlament nicht sprechen. »Ich diskutiere nur über die fünf Millionen«, wiegelte SPD-Fraktionschef Pit Clausen ab.
Die Bürger wollen in überwältigender Mehrheit einen See. Sie erwarten aber auch, dass man ihnen offen sagt, wie teuer das Projekt werden wird - und in welchen anderen Bereichen dann entsprechende Einsparungen vorgenommen werden müssen.
Eine Projektentwicklungsgesellschaft soll jetzt ins Detail gehen und ein Finanzierungskonzept erstellen. Die Zahlen müssen überzeugend und nachvollziehbar sein. Denn Bielefeld darf nicht noch einmal 18 Millionen Euro in den Sand setzen.

Artikel vom 16.12.2006