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Die Stärken erkennen und einsetzen

Vorbereitung im Praktikum: Achtklässler der Siekerschule lernen in der VHS fürs Leben

Sieker (sas). Früher dienten Schülerpraktika dazu, die Arbeitswelt kennenzulernen. »Das reicht heute nicht mehr«, meint Ursula Heywinkel. Die Lehrerin ist an der Siekerschule für die Berufsberatung und -findung der Jugendlichen zuständig. Dem Zufall will sie die Praktikumsphasen nicht mehr überlassen: Ihre Schülersollen in zwei oder drei betrieblichen Wochen ihre Stärken gezielt ausspielen.

»Hauptschüler konkurrieren mit Realschülern, zunehmend aber auch mit Gymnasiasten um einen Ausbildungsplatz. Nach der Papierlage ziehen sie dabei oft den Kürzeren. Sie müssen also während eines Praktikums von sich überzeugen«, sagt Ursula Heywinkel. Nun werden diese Stellen in aller Regel nach Kriterien ausgesucht, die der Berufsfindung nicht zwingend dienlich sind: Was ist wohnortnah? Wohin habe ich Beziehungen? Und wo haben die Kumpels vielleicht gute Erfahrungen gemacht? Im Endeffekt landen die Schüler dann irgendwo - »eine große Chance ist vertan«, meint Ursula Heywinkel.
Die Lehrerin nutzt daher gezielt die Kompetenzen des Bildungswerks der Volkshochschule: Schon mit den Schülern der achten Klasse kommt sie für jeweils eine Woche in die VHS. Dort werden die Jugendlichen beobachtet und auf ihre Stärken aufmerksam gemacht. »Sie sind nach dieser Woche begeistert, dass ihnen bescheinigt wird: Ihr könnt etwas«, freut sich Ursula Heywinkel.
In etwa zwölf Mann starken Gruppen werden die Schüler von jeweils drei »Teamern« begleitet und aufmerksam beobachtet. »Wir suchen nach den Stärken im sozialen, verbalen, handwerklichen oder mathematisch-logischen Bereich«, erklärt Gretel Sieveking. So müssen die Schüler mit Holz arbeiten, Formulare ausfüllen und im Team unter Zeitdruck zehn Aufgaben erledigen. »Wenn alle alles zusammen machen, werden sie nicht fertig. Sie müssen sich also organisieren.«
Auch der Umgang miteinander, die Reaktion, wenn eine Idee vom Nebenmann verworfen wird, die Arbeitsplanung und Sorgfalt werden beobachtet. Wie ein Team funktioniert, wird beim »stummen Bauen« analysiert: Kein Wort darf gesprochen werden, wenn die Achtklässler aus Papier und Kleber einen Turm basteln müssen. »Das ist erst schwierig; dann aber wird die Ruhe meist als angenehm empfunden.« Und so richtig loslassen kann sich ein Team, wenn es gemeinsam ein Produkt entwickeln und anpreisen muss. Schuhe mit Heizung - das ist doch was.
»Am Ende der Woche werden die Schüler dann nach ihren Stärken in die Bereiche Handwerk, Handel, Pflege, Industrie und kaufmännische und Verwaltungsberufe eingeteilt«, erklärt Ursula Heywinkel. In diesen Sparten sollten sie dann Praktikumsplätze suchen - gemäß ihren Fähigkeiten und Stärken. Dann klappt's auch eher mit dem Job.

Artikel vom 19.12.2006