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Auf des Blödsinns Olymp

Ulknudel Helge Schneider gastierte in der ausverkauften Oetkerhalle

Von Phillip Gätz (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Er war wieder da. Und wie immer: Der voll gefüllte Saal johlte und die Lachmuskeln wurden auf eine harte Probe gestellt. Ulknudel Helge Schneider gastierte am Mittwochabend vor 1600 Zuschauern mit seiner Jazzformation in der ausverkauften Bielefelder Oetkerhalle. Nach Paderborn war Bielefeld die zweite Station der neuen und noch ein Jahr andauernden Tour namens »I Break Togehter«.

Nach der nicht ganz so umjubelten Premiere in Paderborn, kann Schneider mit breiterer Brust den kommenden Auftritten entgegensehen. Auch wenn die Inhalte des Programms nicht wirklich neu waren, das Bielefelder Publikum war von dieser so vielseitigen Bühnenerscheinung dem Applaus nach schwer begeistert.
Es ist ihm eben treu. Denn eines muss man Schneider lassen: Nur wenige Künstler in der Comedy-Branche bieten so eine abstrakte Form des extremen Unsinns und dazu noch beachtliches musikalisches Talent in einer Person. Das Multitalent Schneider ist Unterhaltungskünstler, Schriftsteller, Film- und Theaterregisseur und Jazzmusiker in einem.
Richtig bekannt wurde der Unterhalter neben dem Song »Katzenklo« durch seine Bühnenvorstellungen, in denen er gesellschaftskritischen Unsinn, Parodien und Klamauk mit Jazzmusik verbindet. Das wichtigste Element seiner Arbeit ist und bleibt jedoch immer die Improvisation.
So konnten sich auch die Besucher in der Oetkerhalle während der fast zweieinhalbstündigen Show gewiss sein, dass sie an dem Abend ein ganz eigenes, unverwechselbares Stück Helge erhielten und ein noch ganz frisches dazu. Und das im doppelten Sinne: Denn seine neue Tour ist lang. Nach Bielefeld folgen noch über 120 Termine bis Ende 2007. Fast jeden dritten Tag steht der Mülheimer somit auf der Bühne und geht dabei auf 30 Jahre im Geschäft zu. Wenn es ihm selbst nicht so einen Spaß machen würde, wäre dieses Mammutprogramm gar nicht möglich - das merkt auch der Zuschauer oder besser der Fan. Denn seine Arbeit wird weiter kontrovers betrachtet. Da gibt es diejenigen, die entweder mit oder über Helge lachen und diejenigen, die ihn so gar nicht lustig finden, sondern eher für verrückt halten. Da vergleicht sich der als Pirat verkleidete Schneider zum Beispiel mit Beatle Paul McCartney, was die ihn umgarnenden Frauen und den Fankult allgemein angeht. Dabei habe er das doch alles gar nicht gewollt. Und das so ernst, dass man ihm fast glauben will, wäre da nicht dieser optische Bruch.
Dann empfahl Schneider die Kombination Brötchen mit Kartoffelpüree für den Hunger zwischendurch oder merkte an, dass die Erde nicht unter der globalen Erwärmung leide, sondern eher erkältet sei.
Schneider bewegte sich auch in Bielefeld wieder einmal hemmungslos zwischen Hoch- und Subkultur, zwischen Kindersprache und Literatur, verband Alltag und Albernheiten mit einem breiten kulturellen Hintergrund und verlor sich immer wieder in ausufernden Erzählungen. Dabei entstanden Momente der Überraschung, die für Schneider selbst genauso unerwartet kamen, wie für das Publikum. Er hatte sein Ziel wieder einmal erreicht. Denn wenn Helge Schneider selber über sich lachen muss, dann ist der Olymp seines Blödsinns erreicht.
Mehr Helge gibt es bald im Kino. In Dany Levis neustem Film »Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler« übernimmt er die Hauptrolle der am 11. Januar 2007 startenden Parodie.Ê

Artikel vom 15.12.2006