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Härtere Strafe gegen Afrikaner gefordert

Ankläger über Urteil: »Ich war fast gerührt«

Bielefeld (uko). Es geschieht nur äußerst selten, dass die Staatsanwaltschaft Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts einlegt: Im Fall des gebürtigen Westafrikaners Amadou C. sorgte ein überaus mildes Urteil wegen Kindesentziehung für dieses Rechtsmittel. Jetzt muss der 39-Jährige vor dem Landgericht sogar mit einer Freiheitsstrafe rechnen.

Der zugrunde liegende Fall ist ein Tohuwabohu, in dem der Bielefelder auch nicht davor zurückschreckte, ein deutsches Gericht auszutricksen und lächerlich zu machen. Zum Spielball seiner Machtinteressen hatte C. im Herbst 2005 seinen nun dreijährigen Sohn Sammy (Name des Kindes geändert) auserkoren. Als die von ihm getrennt lebende Mutter ihre Verwandten in Mali besuchen wollte, schlug der Kindesvater vor, sein Sohn könne in dieser Zeit doch bei seinen Eltern in der Elfenbeinküste unterkommen.
Als die Mutter den Jungen am 23. November 2005 wieder abholen wollte, ließen die Verwandten des Mannes sie abblitzen: Sie werde ihren Sohn nicht zurück erhalten. Auch die Herausgabe ihres Passes - die Frau hatte ihre und die Papiere ihres Sohnes für Behördengänge dort abgegeben - wurde ihr verweigert. Die Frau kehrte nach Deutschland zurück und erstattete Strafanzeige gegen den Vater ihres Sohnes.
Erst als sich indes Polizei und Staatsanwaltschaft in Bielefeld sowie die deutsche Botschaft in der Elfenbeinkiste massiv in den Fall einschalteten, wendete sich das Blatt: Amadou C. wurde in Bielefeld inhaftiert, sein Bruder wurde sogar in Abidjan (Hauptstadt der Elfenbeinküste) in Haft genommen. Anfang Januar 2006 kam der kleine Sammy wieder wohlbehalten zu seiner Mutter nach Bielefeld zurück.
Auch das Verfahren vor einem Schöffengericht des Amtsgerichts Bielefeld entwickelte sich im April zu einer Farce. Mit einem fadenscheinigen Grund -Êer habe angenommen, die Mutter seines Sohnes sei HIV-infiziert - »überzeugte« der Angeklagte das Gericht von einer angeblich gutmeinenden Absicht. Trotz des massiven Antrags der Staatsanwältin damals (acht Monate Freiheitsstrafe) verhängte das Schöffengericht eine geradezu läppische Geldstrafe in Höhe von 3 750 Euro (150 Tagessätze zu jeweils 25 Euro).
Dagegen richtete sich die Berufung der Staatsanwaltschaft, die Oberstaatsanwalt Ulrich Hummler mit unverhohlenem Sarkasmus untermauerte: »Ich war fast gerührt, als ich das Urteil (des Amtsgerichts, d. Red.) gelesen habe.« Hummler bestand also auf einer erneuten umfänglichen Beweisaufnahme. Noch dazu, weil der Angeklagte gestern seine erstinstanzliche Reue (»Es tut mir leid«) mit dem bockigen Ausspruch, er wisse »überhaupt nicht, warum ich verurteilt worden bin« konterkarierte. Zudem muss der Mann nach Hummlers Ansicht auch wegen Urkundenunterdrückung verurteilt werden. - Der Prozess wird fortgesetzt.

Artikel vom 15.12.2006