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Der Bonner Wettkampf Wladimir Kramniks gegen DEEP FRITZ 10, gesponsert von der RAG und »beschirmt« von Finanzminister Peer Steinbrück, war ein praller Erfolg für das Schach überhaupt; soviel Publicity hat das alte Brettspiel lange nicht genossen. Vor der 5. und vorletzten Runde hätte Kramnik die beiden letzten Partien gewinnen müssen, um die Prämie von einer halben Million Euro einzustreichen.


Niemzowitschindisch

Weiß: Kramnik, W.
Schwarz: DEEP FRITZ 10

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 Lb4 5.e3 0-0 6.a3 Lc3 7.bc3 c5 8.Lb2 Sc6 9.Tc1 Te8 10.Ld3 dc4 11.Lc4 e5 12.de5 Dd1 13.Td1 Se5 14.Se5 Te5 15.Le2 Ld7 Der Weltmeister hat sich grundsolide aufgebaut, wie es sich gegen ein Schachprogramm gehört; die meisten Fachleute attestierten ihm sogar ein kleines Plus wegen des Läuferpaars. 16.c4 Te7 17.h4!? Im Presseraum ebenso wie auf der Kommentaranlage (wie immer vorzüglich bedient von Helmut Pfleger und Klaus Bischoff) plädierte man vor allem für 17.Lf6 gf6 18.Td6 mit einem kleinen, aber nachhaltigen Vorteil. Kramnik wollte jedoch keinesfalls seine Läufer halbieren. Großmeister Bischoff war für 17.g4! Lc6 (der Bauer wäre natürlich tabu: 17...Sg4? 18.Td7 bzw. 17...Lg4 18.Lf6) 18.Tg1 mit der offenkundigen Absicht g4-g5. 17...Se4 Wonach f2-f3 kaum je wieder möglich ist wegen Sg3. Schwächer wäre 17...Lc6 18.Th3 mit erfolgreicher Entwicklung des schlafenden Turms. 18.h5 La4! Nach dem naheliegenden 18...h6!? käme Weiß mittels 19.Th4 La4 20.Td3 bald zu Tg4 und f3 und fühlbarem Angriff gegen den Punkt g7. - Jetzt sollte Kramnik wohl 19.Td5 den Vorzug geben, z.B. 19...Lc6 20.Te5. 19.Td3 b5! 20.cb5 Lb5 Zu optimistisch wäre 20...c4 21.Td5 c3 22.Lc1 Lb3 23.Td4. 21.Td1 Nicht 21.Tb3? La4 22.Td3 Lc2, und Weiß kämpft ums Remis. 21...Le2 22.Ke2 Tb8 23.La1 Nach wie vor ist Weiß etwas im Vorteil wegen seines langschrittigen Läufers, auch wenn der z.Z. auf der großen Diagonale kein Feld hat. 23...f5 24.Td5 Um 24...f4 mit 25.Te5 Te5 26.Le5 Tb3 27.Kf3! zu beantworten. 24...Tb3 25.Tf5 Ta3 26.Tb1 Droht Zwischenmatt. 26...Te8 27.Tf4 Das von den meisten erwartete 27.Te5 ist nicht so stark, wie es aussieht: 27...Ta2! 28.Tb2 Sc3 29.Kd3 Te5 30.Ta2 Te3. 27...Ta2 28.Ke1 h6 Immer noch sehen der Punkt g7 und die achte Reihe verletzlich aus, doch das Programm hat eine clevere Verteidigung in petto. Schwächer sind jedenfalls 28...c4 29.Ld4 Sd6 30.Tg4 Sf5 31.Lg7 Sg7 32.h6 und 28...Sd2 29.Tb7 Sf3 30.Tf3 Ta1 31.Ke2 Ta2 32.Kd3 Tf8 33.Tg3. 29.Tg4 g5! 30.hg6 Sf2 31.Th4 ...nebst Th6 und Th8 matt, frohlockten alle, die dem Menschen und nicht der Maschine die Daumen drückten. Doch 31...Tf8! droht seinerseits Matt mit 32...Sd3. Dagegen gibt es nur eine Parade. 32.Kf1 Sh3 33.Ke1 Sf2 34.Kf1 Sh3 35.Ke1, remis. - Vielleicht die beste Partie des Wettkampfs. Allerdings waren die 500 000 Euro für Kramnik endgültig unerreichbar; er wird's verschmerzen.



Lothar Overath,SB Rheinl.-Pfalz 1974Matt in drei Zügen


Lösung der Schachaufgabe von H. Grasemann:

Vollständige Perilenkung; der legendäre Problemmeister ist vermutlich der erste, der diese in Miniaturform darstellte: 1.Kc2! (dr. 2.Da5) 1ÉLg6 2.d3 Ld3 3.Kc1 Lb5 4.Db5 nebst Mustermatt nach 5.Da4.

Die »Meisterpartie« schreibt der Internationale Fernschachmeister Christoph Pragua.

Artikel vom 23.12.2006