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Wieder ist einer der Großen gegangen. Anfang Dezember verstarb im Alter von 82 Jahren David Bronstein, der im WM-Kampf 1951 gegen Botwinnik 12:12 spielte und diesen dabei hart am Rand der Niederlage hatte. Bronsteins Name stand für ebenso tiefes wie unterhaltsames und spektakuläres Schach. Ein Beispiel stammt aus dem Städtekampf Prag-Moskau 1946.


Königsindisch

Weiß: Pachman
Schwarz: Bronstein

1.d4 Sf6 2.c4 d6 3.Sc3 e5 4.Sf3 Sbd7 5.g3 g6 6.Lg2 Lg7 7.0-0 0-0 8.b3?! Weniger genau als 8.e4 Te8 9.h3, war damals aber in Mode. 8...Te8! Um 9.Lb2?! mit 9...e4 10.Sg5 e3 zu beantworten. 9.e4 ed4 10.Sd4 Sc5 11.Te1 11.Dc2 ist schwach wegen 11...Sfe4 12.Se4 Se4 13.Lb2 (13.Le4? Ld4 14.Tb1 De7) 13...Sf6, und das hässliche 11.f3 c6 nebst d6-d5 gefällt ihm natürlich gar nicht. 11...a5 12.Lb2 Er muss die Anrempelung zulassen, denn 12.a3 Sg4! ist schwach. 12...a4 13.Tc1 Nicht 13.b4 a3. 13...c6 14.La1 ab3 15.ab3 Db6 16.h3 Sfd7 Der weiße Damenflügel ist deutlich geschwächt; zunächst droht Schwarz Sf8-e6xd4. 17.Tb1 Sf8 18.Kh2 Der König gibt den weißen Plan preis, nämlich f2-f4 mit Raumgewinn im Zentrum. Allerdings kann Schwarz diese Bauernkette sofort unterminieren: 18...h5! 19.Te2 Denn 19.f4 zöge 19...h4 20.g4 Sfe6 nach sich. Man sieht, wie unnütz der Damenläufer auf a1 ist, auf e3 würde er gebraucht. 19...h4 20.Td2 Alles scheint gerade noch gedeckt bei Weiß, oder? 20...Ta1! In atemberaubendem Tempo zerschlägt David Bronstein die gesamte weiße Struktur; nach wenigen Zügen hockt der tschechoslowakische Großmeister vor einem Trümmerhaufen. 21.Ta1 Ld4 22.Td4 Sb3 23.Td6 Eine Falle. Sollte Schwarz zu gefräßig sein (23...Sa1), so trifft ihn ein harter Konter mit 24.Sd5 Df2 25.Sf6 Kh8 26.Se8 hg3 27.Kh1 Sc2 28.Td2. Aber es ist alles wohlkalkuliert. 23...Df2! 24.Ta2 Denn 24.Db3 bedeutet nach 24...hg3 25.Kh1 Lh3 Matt in weiteren vier Zügen: 26.Tg1 Lg2 27.Tg2 Df1 28.Tg1 Dh3. 24...Dg3 25.Kh1 Dc3 26.Ta3 Sofort verliert 26.Td3 Dc1, doch auch jetzt nützt dem Weißen die Mehrqualität nichts. Bronstein sammelt noch ein paar Bauern ein und macht Schluss. 26...Lh3 27.Tb3 Lg2 28.Kg2 Dc4 29.Td4 De6 30.Tb7 Ta8 31.De2 h3, und weil 32.Kg1 De5 33.Td1 Ta3 unerquicklich ist, gab Pachman auf. Eine Partie, die die ganze Pracht des Bronsteinschen Schachs zeigt.





A.A. Troitzky, DSZ 1914Weiß gewinnt



Lösung der Schachaufgabe von L. Overath:

Das Prachtstück zeigt Entfesselung und Schachprovokation: 1.Tb7! droht 2.Te7 matt (1ÉLb3 2.Tb3 matt): 1ÉLc6 2.T7b5! mit den Abspielen 2ÉLd5/d3/ab5/La8 3.Ld5/T3b4/Lc6/Sg5 matt bzw. 1ÉLe6 2.Kg5! und den Alternativen 2ÉKd5/Lb3/d3 3.Tc7/Tb3/T7b4.


Die »Meisterpartie« schreibt der Internationale Fernschachmeister Christoph Pragua.

Artikel vom 30.12.2006