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Klinsmann traf eine
Familien-Entscheidung

Rückkehr nach Deutschland ist nicht ausgeschlossen

Hamburg (WB/dpa). Die Liebe zu seiner Familie hat Jürgen Klinsmann als einzigen Grund genannt, nach der Weltmeisterschaft als Bundestrainer zurückzutreten. Im Gespräch mit der heute erscheinenden Wochenzeitung »Die Zeit« stellte der 42-Jährige aber eine Rückkehr nach Deutschland in Aussicht.
Der mit Frau Debbie und den Kindern Jonathan (9) und Leila (5) in Huntington Beach an der Westküste der USA lebende Klinsmann erklärte fünf Monate nach seinem Rückzug, dass sein Entschluss erst nach dem siegreichen WM-Spiel um Platz drei gegen Portugal fiel. Der einzige Grund sei gewesen, »dass wir, als Familie, dieses Leben der vergangenen zwei Jahre nicht weiterleben wollten«.
Man könne so einen Job nicht mit einer Ehe und zwei kleinen Kindern verbinden, machte der Schwabe deutlich. »Oft habe ich in den letzten zwei Jahren, wenn ich zu Hause war, gedacht: Mensch, jetzt bist du bei der Familie, aber eigentlich im Kopf ganz woanders. Meine Tochter ist fünf, mein Sohn neun Jahre alt. Ich würde mir nicht verzeihen, wenn ich sie in dieser Phase vernachlässigen würde.« Wenn dieser Umstand nicht gegeben gewesen wäre, hätte er »natürlich« sofort weiter gemacht.
Nach der enttäuschenden EM hatte Klinsmann im Juli 2004 die Nationalmannschaft übernommen und mit weitreichenden Reformen den gesamten deutschen Fußball beeinflusst. Während seiner Amtszeit blieb er dennoch im kalifornischen Huntington Beach in der Nähe von Los Angeles wohnen, was ihm Kritik einbrachte.
Wenige Tage nach dem dritten Platz bei der WM hatte Klinsmann seinen Posten abgegeben und eine mehrmonatige Auszeit und »Medienpause« angekündigt. Seitdem war er nicht mehr in Deutschland und nahm auch an Ehrungen für die Nationalmannschaft nicht teil. In der vergangenen Woche lehnte er ein Angebot des US-Verbandes als Nationaltrainer ab. Als Grund wurde angenommen, Klinsmann hätte nicht so weitreichende Kompetenzen wie bei seiner Traineraufgabe in Deutschland erhalten.
Er könne sich vorstellen, wieder in seinem Geburtsland zu leben und zu arbeiten, sagte Klinsmann. Dies betreffe sowohl ein Engagement im Verein als auch den Posten des Nationaltrainers. Doch derzeit käme für ihn ein Umzug nach Deutschland sowohl privat als auch beruflich nicht in Frage. Er wisse aber, »dass man Dinge, auch das, nie ausschließen sollte«.
Trotz der Entfernung zu seiner Heimat fühlt er sich mit ihr eng verbunden. »Mir persönlich ist dieses Land immer nahe gewesen, auch in den sechs Jahren, bevor ich Nationaltrainer wurde und in den USA lebte«, sagte der Fußball-Weltmeister von 1990, der im schwäbischen Göppingen geborenn wurde. Als Profi spielte er in Italien, England und Frankreich.
Er sei immer gut informiert. »Mir ist wichtig, was die Menschen in Deutschland bewegt.« Trotz mancher Kritik fühle er sich in Deutschland respektiert: »Die, auf die es ankommt, nehmen Sie als Beispiel Franz Beckenbauer oder auch Uli Hoeneß, sind auch unabhängige Menschen, die müssen sich nicht entschuldigen, um mir Respekt zu bekunden.«

Artikel vom 14.12.2006