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Die Beschäftigten vor Armut schützen


Zu der Berichterstattung über den Antrag Antrag der Grünen auf Weihnachtsbeihilfe und Spenden für Arme ging folgende Zuschrift ein:

In Bielefeld passiert zurzeit schier Unglaubliches.Ê Unternehmen zeigen sich von ihrer sozialen Seite. Sie spenden z.B. im Rahmen des Bielefelder Tisches den Ärmsten der Armen, um ihnen ein frohes Weihnachtsfest zu ermöglichen - im Kreuzfeuer des Blitzlichtgewitters. Mir kommt in den Sinn: Sind diese Unternehmen vom sozialen Gewissen geleitet oder doch eher vom Gedanken der GewinnmaximierungÊunter AusnutzungÊder Ärmsten?
Ich will nicht missverstanden werden. Ich halte den Bielefelder Tisch für notwendig und danke auch den Unternehmen für die Spenden - als Notlösung in einer Zeit, in der die Politik keine Antworten auf die dringlichsten Fragen unserer Gesellschaft findet. Der noble Spender, so denke ich, agiert aber aus dem Hintergrund heraus oder sorgt zumindest für die Achtung der Würde der Ärmsten der Armen.
Ich halte es auch für wichtig, darüber in der Presse zu berichten, um auf die Notlage vieler aufmerksam zu machen - aber stets nur unter Wahrung der Würde der Menschen. Wenn die Folgen ihres Handelns den beteiligten Unternehmen und der Presse nicht bewusst sein sollte, so bitte ich zukünftig um mehr Sensibilität für die Lage der Betroffenen.
Gleichzeitig findet in Bielefeld eine Diskussion über die Gewährung von Weihnachtsbeihilfe für Arbeitslosengeld II- und Sozialgeldbeziehern statt - eine verfehlte Ausgabe mag manch einer denken. In Anbetracht der Geschehnisse um besagte Spendenaktionen stellt für mich die Weihnachtsbeihilfe einen möglichen Schutz der Würde der Ärmsten der Armen dar.
ÊVerdi und andere Organisationen fordern eine Weihnachtsbeihilfe für alle ALG II - und Sozialgeldbezieher. Die Grünen haben einen Antrag auf Weihnachtsbeihilfe für Kinder gestellt. Ich bitte die Parteien im Rat, zumindest dem »Weihnachtsbeihilfe-light-Antrag« der Grünen zu zustimmen. Wir Bielefelder sollten die Ratssitzung am 14. Dezember im Neuen Rathaus interessiert verfolgen.
Weihnachtsbeihilfe ist allerdings nur der NotnagelÊgegen eine unsägliche Lage der Betroffenen und somit als mögliche freiwillige Leistung der Stadt Bielefeld keine Dauerlösung. Die Erhöhung des RegelsatzesÊfür ALG II EmpfängerÊvon 345 Euro auf 420 Euro muss bundespolitisch umgesetzt werden - eine Forderung auch Êdes Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Kinder im Alter von 0-14 Jahren sollen mit 2,51 Euro Ê für Ernährung am Tag auskommen können, Erwachsene mit 4,18 Euro. Bildung ist sowohl für Kinder und Erwachsene nicht vorgesehen. Spielzeug darf 76 Cent im Monat kosten. Dies zeigt beispielhaft auf, dass das ALG II in der heutigen Höhe nicht zur Absicherung des Existenzminimums ausreicht und weswegen Einrichtungen wie der Bielefelder Tisch für immer mehr Menschen zu einer Einrichtung des Überlebens werden.
Mit der Forderung nach dem höheren Regelsatz muss die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn verbunden sein. Es gilt in der heutigen Zeit aufgrund des weit verbreiteten Lohndumpings auch das Gebot, die Beschäftigten vor Armut zu schützen.
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KAY SCHÜFFELGEN
Bielefeld

Artikel vom 14.12.2006