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Siemens steckt
tief im Sumpf

Ex-Vorstand Ganswindt verhaftet

München (dpa). In der Korruptionsaffäre bei Siemens ist nach Informationen von »Spiegel Online« das frühere Vorstandsmitglied Thomas Ganswindt verhaftet worden. Zudem geht der Konzern inzwischen von zweifelhaften Zahlungen von 420 Millionen Euro aus.
Will aufklären: Vorstandschef Klaus Kleinfeld

Als Folge der Affäre musste Siemens seine Ergebniszahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2005/06 (30.09.) von 3,106 auf 3,033 Milliarden Euro nach unten korrigierten. Ganswindt sitze seit gestern wegen dringenden Tatverdachts in der Justizvollzugsanstalt Landsberg in Untersuchungshaft. Der frühere Zentralvorstand hatte erst im September angesichts der bevorstehenden Auflösung der Kommunikationssparte Com den Münchner Konzern verlassen, berichtet »Spiegel Online«.Ganswindt soll von einem ehemaligen Kollegen im Com-Bereichsvorstand belastet worden sein. Dabei soll er ausgesagt haben, dass Ganswindt bereits deutlich vor Anfang 2004 über Schmiergeld-Systeme in der Com-Sparte informiert worden sei und dieses geduldet habe.
Vorstandschef Klaus Kleinfeld kündigte gestern erneut eine lückenlose Aufklärung an. »Es geht um den Ruf des Hauses. Wir werden keine Kompromisse machen.« Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer, in dessen Zeit als Vorstandschef der Aufbau des illegalen Finanzsystems fällt, sieht keinen Grund für einen Rückzug aus dem Kontrollgremium. Siemens räumte ein Versagen der Kontrollsysteme ein. »Das interne Kontrollsystem hatte materielle Schwächen«, sagte Finanzvorstand Joe Kaeser. Dies zeige sich schon daran, dass auch zwei frühere Bereichsvorstände unter den Verdächtigen seien. Kleinfeld und Pierer betonten, dass der Konzern bereits Anfang der 90er-Jahre die Mitarbeiter verpflichtet habe, sich an die Gesetze zu halten.
Der Aufsichtsrat hatte am Vortag ein Maßnahmenpaket beschlossen. Eine internationale Anwaltskanzlei und der Mitbegründer von Transparency International, Michael J. Hershman, sollen helfen, die Kontrollsysteme zu verbessern. Zudem wird der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Daniel Noa die Leitung der Antikorruptions-Abteilung bei Siemens übernehmen.
Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Dutzend Verdächtige etwa 200 Millionen Euro von Siemens veruntreut und im Ausland als Schmiergeld eingesetzt hat. Die Überprüfungen bei Siemens ergaben nun so zweifelhafte Zahlungen von 420 Millionen Euro in den vergangenen sieben Jahren.

Artikel vom 13.12.2006