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Vergewaltigung unter Jesiden: Ehemann in Haft

Prozess von massiven Falschaussagen geprägt - Sicherheitsvorkehrungen im Landgericht

Bielefeld/Herford (uko). Nach einer intensiven und von erheblichen Sicherheitsvorkehrungen geprägten Hauptverhandlung hat das Landgericht einen jungen Jesiden wegen mehrfacher Vergewaltigung seiner Ehefrau zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.
Nach jesidischem Recht hatten der 24-jährige Alaverdi A. aus Herford und die drei Jahre jüngere Bielefelderin Medi B. (Name geändert) geheiratet. Das Paar bewohnte danach in der Wohnung der Eltern des Mannes ein gemeinsames Zimmer, wo es später auch nach Überzeugung der Richter zu den Straftaten gekommen war.
Trotz der Verheiratung hielt Alaverdi A. indes an einer intimen Beziehung zu einer deutschen Frau fest. Dieses Verhältnis wurde obendrein von seiner Familie toleriert und gegenüber der jesidischen Ehefrau gedeckt. Die junge Frau sei zwar in ihren jesidischen Traditionen verhaftet gewesen, sei jedoch selbstbewußt genug gewesen, um die Vergewaltigungen durch den »Ehemann« nicht hinzunehmen, sagte Kammervorsitzende Jutta Albert gestern in ihrer Urteilsbegründung. So sei es im Zeitraum von August/September 2003 bis zum Sommer diesen Jahres zu vier Vergewaltigungen der jungen Frau in Tateinheit mit Freiheitsberaubung gekommen. Alaverdi A. sei mit Gewalt intim geworden, habe zuvor die Tür des gemeinsamen Zimmers verschlossen. Medi B. hatte die Wohnung in Herford im Tatzeitraum mehrfach verlassen, war zu ihrer Familie nach Bielefeld zurückgekehrt. Zur häufigen Rückkehr zu ihrem Mann war es deshalb gekommen, weil sie ihrer Familie nach jesidischem Recht »keine Schande« haben machen wollen.
In dem von gegenseitigen Vorwürfen und durch offensichtliche Falschaussagen geprägten Verfahren maßen die Richter der jungen Frau die glaubwürdigste Rolle zu. Medi B. habe »ohne überschießende Belastungstendenzen« ausgesagt. Letztlich würde sich »keine Frau der Tortur einer solchen Aussage aussetzen«, sagte Albert, die wie Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart (Strafantrag: viereinhalb Jahre Haft) von der Schuld des Mannes überzeugt war.
Alle Prozeßparteien hatten übrigens mehrfach während des zwei Monate dauernden Verfahrens mit dem Angebot einer zweijährigen Bewährungsstrafe die unerbittlich verfeindeten Prozessparteien zu einer Art zivilgerichtlichen Befriedung veranlassen wollen. Die Einigung scheiterte jedoch am Angeklagten, der von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens überzeugt war.

Artikel vom 13.12.2006