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Strahlengift in Hamburg: Frau und Kinder betroffen

Familie des Kontaktmanns Kowtuns in Klinik - Spuren gesichert

Hamburg (dpa). In Hamburg sind vier Menschen mit dem Strahlengift Polonium 210 in Berührung gekommen und vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht worden. Sie alle hatten Kontakt zu dem russischen Geschäftsmann Dimitri Kowtun (42), der auf noch ungeklärte Art in den Giftmord an dem russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko in London im November verstrickt ist.

Es handelt sich um die frühere Ehefrau Kowtuns, ihre beiden ein und drei Jahre alten Kinder sowie den heutigen Lebensgefährten der Frau. Das sagte Thomas Menzel, Leiter der Sonderkommission »Dritter Mann«. Nach Aussagen von Gerald Kirchner, Einsatzleiter des Bundesamtes für Strahlenschutz, sind sie jedoch nicht vergiftet. Über mögliche weitere Opfer lagen der Polizei keine Erkenntnisse vor.
Die vier Betroffenen wurden gestern Nachmittag von ihrem vorübergehenden Quartier in einem Hotel in Elmshorn zu einer genaueren Untersuchung in das Strahlenschutzzentrum im Krankenhaus St. Georg in Hamburg gebracht. Ergebnisse der Tests werden im Laufe dieser Woche erwartet.
Kowtun hatte in Hamburg in der Wohnung seiner Ex-Frau übernachtet, bevor er am 1. November zu dem Treffen mit Litwinenko nach London flog. An diesem Tag war Litwinenko nach Erkenntnissen der britischen Ermittler mit Polonium vergiftet worden. Drei Wochen später war er tot.
Die Hamburger Sonderkommission »Dritter Mann« erhält unterdessen Unterstützung aus London. Gestern Vormittag traf ein Beamter von Scotland Yard in Hamburg ein, der an den Ermittlungen rund um den Giftmord beteiligt ist.
Die deutschen Behörden wollen in erster Linie die Rolle Kowtuns aufklären. »Bei Kowtun gehen wir davon aus, dass er das Polonium (bei seiner Ankunft in Hamburg am 28. Oktober mit einem Flug von Moskau aus) im Körper hatte«, sagte Elmar Lillpopp von der Ermittlungs-Unterstützungsgruppe des Bundes. An dem Treffen in London nahm auch der russische Ex-Geheimagent Andrej Lugowoi teil. Kowtun und Lugowoi leiden nach russischen Berichten inzwischen an Strahlenerkrankung und werden in Moskau behandelt.
Die Polizei setzte gestern die Untersuchung mehrerer Wohnungen in Hamburg und eines Anwesens im Kreis Pinneberg fort. Dort hatte sich Kowtun vor dem Treffen mit Litwinenko aufgehalten. Unter anderem hatte er in der Wohnung seiner Ex-Frau in einem Haus in Hamburg-Ottensen übernachtet, wo die Polizei radioaktive Spuren auf einem Sofa entdeckte.
Bei Untersuchungen auf dem Anwesen der früheren Schwiegermutter Kowtuns in Haselau nördlich von Hamburg wurden Polonium-Messungen bestätigt. Das Strahlengift wurde im Gebäude sowie in zwei Autos nachgewiesen.
Die Sonderkommission wartete unterdessen auf Kontakte zu den russischen Behörden. Diese hatten sich bisher nicht zu Fragen nach dem Aufenthaltsort und dem Gesundheitszustand Kowtuns geäußert. Themen der Zeit:
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Artikel vom 12.12.2006