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Arbeitslose hat
69 Euro zu viel

Frau verliert Anspruch auf ALG II

Von Christian Althoff
Spenge (WB). Wegen eines angeblichen Vermögens von 69,21 Euro haben die Behörden einer Arbeitslosengeld-II-Empfängerin aus Spenge (Kreis Herford) zum 1. Januar alle Leistungen gestrichen.
Schöne Bescherung: Laut Bescheid stellt die ARGE ihre Zahlung ein. Foto: Althoff

Buchhalterin Margret M. (49) ist alleinstehend und arbeitslos. Sie lebt seit Anfang 2005 von 345 Euro ALG II, außerdem zahlt die ARGE Herford (Arbeitsgemeinschaft für Arbeit im Kreis Herford) ihr die Miete. Bislang sind alle Versuche der Frau, eine neue Stelle zu finden, gescheitert. »Ich bewerbe mich immer wieder, aber mit 49 Jahren hat man nicht die besten Chancen«, sagt die Spengerin
Bislang besaß Margret M. eine Lebensversicherung mit 10 000 Euro Rückkaufswert, die als Schonvermögen galt. »Das war mein Notgroschen, von dem ich mir ein Auto kaufen wollte, um zur Arbeit zu kommen - wenn ich denn endlich eine Stelle finden sollte«, sagt die Frau.
Nun hat der Gesetzgeber zum 1. August die Freibeträge für Schonvermögen gekürzt, aber die Freibeträge für die Altersvorsorge erhöht. In Absprache mit der ARGE schichtete Margret M. deshalb ihren Besitz um: 8100 Euro blieben in der Lebensversicherung, 1900 Euro legte sie als Riester-Rente an.
Am 29. November teilte die ARGE Margret M. überraschend mit, dass zum 1. Januar alle Zahlungen eingestellt würden. Begründet wurde dies damit, dass Margret M. statt der erlaubten 8100 Euro Schonvermögen nun 8169,21 Euro besitze - »also 69,21 Euro zu viel.« Deshalb bestehe keine Hilfsbedürftigkeit mehr.
Magret M.: »Wie die ARGE auf 8169,21 Euro kommt, ist mir ein Rätsel. Denn in einem Schreiben der Lebensversicherung heißt es, dass nach Abzug aller Gebühren der Rückkaufswert nicht einmal 8000 Euro beträgt.« Zweimal hat die arbeitslose Buchhalterin bereits die ARGE aufgesucht, um die Sache zu klären - vergeblich. »Beim ersten Mal bin ich vertröstet worden, beim zweiten Mal war meine Akte nicht da. Telefonisch komme ich nicht durch, und auf meine schriftliche Nachfrage gab es bisher keine Reaktion. Ich warte jetzt seit beinahe zwei Wochen auf Nachricht, und der Januar rückt immer näher!«, sagte die Frau gestern. Sie beklagt »das rigorose Vorgehen« der ARGE. Marget M.: »Man hätte mir doch einfach die 69 Euro von der nächsten Überweisung abziehen können, um die Sache dann in Ruhe zu klären.« So aber stehe sie am 1. Januar ohne Geld, ohne Miete und ohne Krankenversicherung da. »Ich muss dann erst 69 Euro ausgeben, um erneut ALG II beantragen zu können«, sagt die Spengerin kopfschüttelnd.
Von der ARGE war gestern keine Stellungnahme zu bekommen.

Artikel vom 12.12.2006