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An den Erfolg
glaubte keiner

Lach- und Schießgesellschaft feiert

Von Kathrin Zeilmann
München (dpa). Was auf einer kleinen Bühne in Schwabing begann, wurde bald zum Aushängeschild des bundesdeutschen Kabaretts: Als nach nur drei Wochen Probezeit die Lach- und Schießgesellschaft am 12. Dezember 1956 erstmals auftrat, glaubte wohl niemand der Protagonisten an den Erfolg der Kabarett-Truppe.

Man habe einen »merkwürdigen Namen« getragen und sei zu einem Datum aufgetreten, »an dem man keine Premieren macht: Am 12. Dezember macht kein anständiges Theater eine Premiere«, sagt Dieter Hildebrandt, für den seine Jahre in der Lach- und Schießgesellschaft der Anfang einer langen Karriere als Kabarettist, Schauspieler und Buchautor waren.
Die Lach- und Schießgesellschaft legte den Finger in die Wunden der jungen Bundesrepublik. Politischen Zündstoff, so erinnert sich Hildebrandt, gab es genug: Der Drang zur Wiederbewaffnung, die Wiederkehr von Alt-Nazis, Restauration in weiten Gesellschaftsteilen. Noch heute treffe er viele Fans, die erzählen, ihre politische Meinung sei durch das Kabarett geprägt worden, erinnert sich der 79-Jährige.
Sammy Drechsel, 1986 gestorbener Journalist, Regisseur, Tausendsassa und Vater der Lach- und Schießgesellschaft, holte das Ensemble zusammen, damit das kleine Lokal in der Ursulastraße wieder bespielt werden konnte. Er überzeugte die bekannte Schauspielerin Ursula Herking, noch einmal auf die Kabarett-Bühne zurückzukehren. Klaus Havenstein, Hans Jürgen Dietrich und Hildebrandt vervollständigten die erste Generation für das Programm »Denn sie müssen nicht, was sie tun«.
Die Bühne war nur handtuchgroß, das Publikum quetschte sich an den Tischen, um nur kein Wort der satirisch-kritischen Bestandsaufnahme über die bundesrepublikanische Befindlichkeit zu verpassen. »Wir sind räumlich beengt, und zwar genauso wie Sie, verehrte Besucher. Wir haben in unserer Kleinst-Garderobe auch nicht mehr Platz als Sie an ihrem Tisch«, hieß es 1959 tröstend in einem Programmheft.
Die Wurzeln blieben im »Laden«, doch bald sei man auch im Fernsehen zum »gefragten Unterhaltungsartikel« geworden. Der Zuspruch war enorm, die Lach- und Schießgesellschaft wurde zum Straßenfeger. Es ging soweit, dass die Hotels und Gastronomen in einem Brief an den Bayerischen Rundfunk darum baten, das Quartett mit der Silvestersendung doch bitteschön nicht um 20 Uhr über die Mattscheibe flimmern zu lassen, die Leute kämen deshalb erst um halb elf zum Essen.

Artikel vom 12.12.2006