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Zum Heizen das
Kraftwerk im
Keller aufbauen

Sennestadt: Stadtwerke testen Technik

Von Stefanie Westing
(Text und Foto)
Sennestadt (WB). Eine neue Definition des Autokennzeichens »BI« hatte gestern Wingas-Geschäftsführer Dr. Gerhard König parat: »Bielefelder Innovation«. Der Mann aus Kassel muss wissen, wovon er redet - sein Unternehmen ist eine Kooperation mit Stadtwerken und der Bielefelder Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft (BGW) eingegangen, die das Potenzial hat, die Energieversorgung in Deutschland zu verändern.

Im Zwölf-Familien-Haus am Neckarweg 22 / 24 liefert seit einigen Tagen der so genannten »Lion Powerblock« Strom und Wärme. Dabei handelt es sich um ein kleines Blockheizkraftwerk, das im privaten Keller aufgebaut wird. Der Prototyp der sauerländischen Firma OTAG soll in einem zweijährigen Feldversuch zur Marktreife geführt werden. Neben Sennestadt wird das Gerät nur noch in Westerland auf Sylt getestet.
Der »Lion Powerblock« sieht aus wie ein kleiner Heizkessel. Er wird vereinfacht gesagt von einer Dampfmaschine angetrieben. Deren Brennstoff ist Erdgas, das wiederum von der Firma Wingas geliefert wird. Mit dem Aufdrehen der Heizung im Haus entsteht Strom. Wird dieser in dem Moment nicht benötigt, wird er ins Netz der Stadtwerke eingespeist.
Später, wenn die Testphase vorüber ist, soll das kleine Kraftwerk in privaten Ein- und Zweifamilienhäusern zum Einsatz kommen - und zwar so, dass die komplette Versorgung darüber läuft. Der Besitzer könnte dann die jährlichen Stromkosten sparen, würde darüber hinaus Geld für den Strom erhalten, der ins Netz eingespeist wird, und bekäme für das verbrauchte Gas die Steuer erstattet. Die Anschaffung in Höhe von etwa 18 000 Euro amortisiert sich nach Rechnung der Stadtwerke in zwölf bis 13 Jahren.
In dem Zwölf-Familien-Haus am Neckarweg ist im Moment noch ein zweiter Wärmeerzeuger aktiv, damit die Bewohner nicht im Kalten sitzen - vor allem auch vor dem Hintergrund, dass mögliche »Kinderkrankheiten« des »Lion Powerblocks« noch ausgeräumt werden müssen. Doch wenn alles klappt, profitiert nach Angaben des Stadtwerke-Geschäftsführers Friedhelm Rieke neben der Geldbörse auch die Umwelt, und knappe Energieressourcen werden geschont. So soll sich zum Beispiel der Ausstoss von Kohlendioxid um 40 Prozent verringern.
Auch BGW-Geschäftsführer Norbert Müller ist überzeugt von dem Konzept. Denn: »Große Einsparmöglichkeiten bei Energie liegen im vorhandenen Wohnungsbestand.« In Sennestadt hat sein Unternehmen bereits elf Millionen Euro investiert, um die etwa 450 Wohnungen energetisch für die die Zukunft zu machen. »Mit dem neuen Projekt wollen wir ein Signal setzen: Du kannst Energie sparen, und zwar so, dass es wirtschaftlich darstellbar ist.«
Über die neue Technik können sich Interessierte im Informationszentrum von BGW und Stadtwerken, Vennhofallee 70 / Ecke Rheinallee, schlau machen. Auch Besichtigungen der Anlage sind möglich.

Artikel vom 13.12.2006