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Glückspielmonopol soll bleiben

15 Bundesländer stimmen zu - Nur Schleswig-Holstein hat Bedenken

Berlin (dpa). Das staatliche Glücksspielmonopol soll in Deutschland nach dem Willen der Mehrheit der Länder für weitere vier Jahre gelten. Der gestern von 15 der 16 Ministerpräsidenten gebilligte umstrittene Staatsvertrag sieht auch ein Verbot von Glücksspielen im Internet vor
Den privaten Anbietern soll aber eine Übergangsfrist eingeräumt werden.
Schleswig-Holstein ist gegen den Staatsvertrag, demzufolge Lotterien, Wetten, Spielbanken und sonstiges Glücksspiel nur Sache der Länder sein dürfen. Kiel will den Vertrag vorerst nicht unterzeichnen. Auch in anderen Landesregierungen gab es europa- und wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen ein weiteres Wett-Monopol.
Der Entwurf für den neuen Glücksspielvertrag, den jetzt zunächst 15 Ministerpräsidenten »zur Kenntnis« genommen haben, soll im nächsten Jahr »zeitnah« im Umlaufverfahren endgültig unterzeichnet werden und 2008 in Kraft treten. Er muss auch der EU-Kommission sowie den Landtagen vorgelegt werden. Für die Länder geht es um viel Geld, da die staatlichen Gesellschaften jährlich Lotto-Milliarden abführen.
Private Anbieter sehen ihre Existenz gefährdet und warnen vor einem Schaden für das Lottogeschäft insgesamt. Aus Sicht des Verbandes der Lottovermittler wurde die Entscheidung vertagt. Präsident Norman Faber sprach von »einen wichtigen Meilenstein zur Verhinderung dieses Vertrags«. Diese Darstellung wurde in den Ländern aber zurückgewiesen. »Von einer Verhinderung kann keine Rede sein.«
Einen neuen Lotto-Staatsvertrag hatte das Bundesverfassungsgericht im März gefordert. Nach dem Urteil, das sich zunächst nur auf Sportwetten bezog, darf das Monopol nur erhalten bleiben, wenn der Staat die Werbung für Glücksspiele deutlich einschränkt und die Spielsucht der Bevölkerung stärker bekämpft. Der Kieler Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) hatte mehrfach vor Schnellschüssen gewarnt und eine dauerhafte Lösung gefordert. In anderen Ländern, die das Wett-Monopol skeptisch sehen, ist auch eine kontrollierte Freigabe des Marktes für private Anbieter über ein Konzessionsmodell in der Diskussion.
Der neue Staatsvertrag hat nicht nur die EU-Kommission auf den Plan gerufen. 2007 steht zudem ein Wetturteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) an, das private Anbieter stärken könnte. Schleswig-Holstein sowie private Anbieter hatten daher dafür plädiert, das EuGH-Urteil abzuwarten.
Mit dem Argument der Suchtprävention hat sich die Ländermehrheit für den Fortbestand des Monopols und weniger Werbung entschieden. Inzwischen wollen die meisten Länder-Lottogesellschaften auf ein Internet-Angebot verzichten. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) verteidigte den Beschluss. Weder Breitensport noch Kulturförderung, die Lottogelder erhalten, dürften »unter die Räder kommen«.
Nach Ansicht des Bremer Suchtforschers Gerhard Meyer macht Lotto-Spielen nur selten süchtig. Nur sechs Prozent der Menschen in Beratungsstellen für Glücksspielsucht hätten Probleme mit Lotto. Meyer sprach sich aber für ein staatliches Glücksspielmonopol aus, »weil der Spielerschutz so effektiver umzusetzen ist als über private Anbieter.« Private seien stark auf Gewinnsteigerung ausgerichtet.
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hatte das geplante Verbot von Internetwetten scharf kritisiert. Die Länder zementierten ein verstaubtes Vorkriegs-Monopol und riskierten damit 55 000 Arbeitsplätze. Vom Ausbooten Privater profitieren die staatlichen Lotterien nur kurzfristig. Langfristig werde die ganze Branche leiden. Der Lotto-Anbieter Faber forderte, Lotto von den geplanten Werbe- und Vertriebsbeschränkungen auszunehmen.

Artikel vom 14.12.2006