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Kritik an Köhlers
Amtsverständnis

Regierung ruft zur Mäßigung auf

Berlin (dpa). Bundespräsident Horst Köhler ist zur Hälfte seiner Amtszeit in bisher einmaliger Weise aus Union und SPD attackiert worden, weil er mehrere Gesetze der großen Koalition gestoppt hat.Horst Köhler muss harsche Kritik einstecken.

Die Vorhaltungen an die Adresse des Staatsoberhaupts wurden gestern zeitweise so deutlich, dass die Bundesregierung auch in Sorge um den Respekt vor dem höchsten Staatsamt zur Mäßigung aufrief. Köhler war im Mai 2004 von Union und FDP in der Bundesversammlung als Bundespräsident durchgesetzt worden.
Zum Teil ohne den Namen Köhlers zu nennen, hatten Politiker wie SPD-Fraktionschef Peter Struck und der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Norbert Röttgen (CDU), Köhler vorgeworfen, zu sehr in die Rolle des Bundesverfassungsgerichts geschlüpft zu sein.
Anlass für die Kritik ist die am Freitag bekannt gewordene Weigerung Köhlers, das Verbraucherinformationsgesetz zu unterzeichnen. Das Staatsoberhaupt hatte dies damit gegründet, dass den Kommunen mit dem von der Koalition verabschiedeten Gesetz nach der neuen Verfassungslage unzulässig Aufgaben übertragen würden. In der Bundespolitik gibt es das ungeschriebene Gesetz, mit Kritik am Staatsoberhaupt sparsam umzugehen.
Struck verwies in seinem Bericht für die Fraktion darauf, dass die Instanz, die abschließend über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zu entscheiden habe, das Verfassungsgericht sei - »und niemand sonst«.
Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Joachim Stünker, wurde noch deutlicher. Er sagte er, dass Köhler bei seinen Entscheidungen zur Überprüfung von Gesetzen zu weit gehe. Wie er sich bei der Verwerfung des Verbraucherinformationsgesetzes verhalten habe, entspreche »nicht seiner Aufgabe«, sagte der Jurist.
Röttgen wurde mit der Bemerkung zitiert, nach seiner Auffassung stelle Köhler das Gefüge der Verfassungsinstitutionen in Frage.

Artikel vom 14.12.2006