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Dr. Oliver Micke weiß, wie gut Spurenelemente helfen können.

Selentablette senkt Krebsrisiko

Symposium: Nebenwirkungen bei Strahlentherapie verringert

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Auch Dr. Oliver Micke schluckt die tägliche Selen-Tablette. Denn das Spurenelement senkt Studien zufolge das Risiko bestimmter Krebserkrankungen. Darüber hinaus aber lassen sich mit Hilfe von Selen die Nebenwirkungen einer Strahlentherapie verringern, sagt der Chefarzt der Strahlentherapie und Radioonkologie im Franziskus-Hospital.

Mit Spurenelementen und Elektrolyten in der Onkologie befasste sich ein wissenschaftliches Symposium, das von Privatdozent Micke organisiert wurde. Es richtete sich an Ärzte und Naturwissenschaftler, ebenso aber mit einer Fragestunde an Patienten.
»Zu den Spurenelementen gehören Selen, Zink, aber auch andere Antioxidantien wie Flavonoide, sekundäre Pflanzenstoffe«, erklärt Micke. Sie sind in Rotwein, Zwiebeln, Kohl, Äpfeln, Tee und Kaffee enthalten. Definitiv sei Kaffee auch nicht mehr als schädlich für Tumorpatienten einzustufen, fügt der Mediziner hier an.
Das wichtigste der genannten Spurenelemente ist Selen. »Es kommt in Körnerprodukten wie Brot und Brötchen vor, ebenso in rotem Fleisch - also in Rind, Wild und Lamm - und in Fisch.« Die natürlichen Selenquellen reichen in Deutschland nicht aus, ein Mangel wirkt sich aber - anders als Jod - nicht klinisch relevant aus, versichert Micke. »Allerdings haben Studien aus den USA gezeigt, dass in den großen Weizenanbaugebieten, in denen das Getreide eben auch stärker konsumiert wird, die Krebsrate geringer ist.« Und bei regelmäßiger Selengabe scheint die Häufigkeit von Dickdarm-, aber auch von Prostatakrebs (hier laufen die Studien noch) geringer zu sein.
»Das Protektive, Schützende, ist das eine. Andererseits beobachten wir, dass Patienten, denen wir Selen gegeben haben, die Strahlentherapie besser vertragen.« So litten Frauen, die im Beckenbereich bestrahlt wurden, viel seltener an Durchfall. »Und das bedeutet weniger Belastung und mehr Lebensqualität.« Ein weiterer Vorteil: Das Spurenelement ist preiswert und wird gut vertragen.
Unter Tumorpatienten wird immer wieder auch die Misteltherapie als Ergänzung zur konventionellen Krebsbehandlung diskutiert. »Die Lektine in der Mistel sollen angeblich das Immunsystem stimulieren, die Datenlage ist aber umstritten.« Sicher sei, dass die Lebensqualität unter Misteltherapie besser ist und die Patienten sich wohler fühlen, meint Micke. »Ob sie lebensverlängernd wirkt, ist unklar, aber sie hat vermutlich keinen Einfluss auf den Tumor.«
Bei den Medizinern sind auch Elektrolyte wie Magnesium und Kalzium ein Thema. »Magnesium spielt offenbar bei den Reparaturvorgängen in den Zellen eine Rolle. Neuere Untersuchungen zeigen, dass unter Strahlentherapie der Magnesiumspiegel nicht zu hoch sein sollte.« Denn auch die Tumorzellen werden dann womöglich schneller repariert. »Wir setzen daher bei unseren Patienten eher auf eine ÝVerarmungÜ des Magnesiums.«
Auch ein Zuviel an Kalzium kann nachteilig sein: »Es führt zu einer Übererregung der Muskeln und des Herzmuskels.« Gerade bei Tumorpatienten aber ist der Kalziumgehalt im Blut oft zu hoch, weil das Kalzium bei Knochenmetastasen aus dem Skelettsystem gelöst wird. »Wir geben dann Medikamente, die den Kalziumspiegel senken und zugleich den Knochenaufbau anheizen.« Auch das gehört heute zur Onkologie: auf das fein austarierte Gleichgewicht im Körper zu achten, das gerade bei Krebspatienten rasch durcheinander gerät.

Artikel vom 20.12.2006