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Kurzweilige Einstimmung

Weihnachtskonzerte des Opernchores

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Mag sein, dass Opernchöre an vielen Theatern ein eher stiefkindliches Dasein im Schatten der solistischen Kollegen führen. Auf Bielefeld trifft dies ganz bestimmt nicht zu. Seit Hagen Enke die Leitung übernommen hat, tritt der Opernchor verstärkt ins Rampenlicht.

Neben seiner zunehmenden szenischen Präsenz auf der Opernbühne hat der Chor nun auch die Konzertbühne für sich entdeckt und das geneigte Publikum mit zwei Weihnachtskonzerten im Theater am Alten Markt (TAM) beglückt.
Dass diese im Konzertemarathon des Advents fast ein wenig untergingen, ist so verständlich wie bedauerlich. Denn was die Vielfalt und Qualität betrifft, so dürfte die weihnachtliche Einstimmung durch den Opernchor nur schwer zu übertreffen sein.
Kein Wunder, hat doch jeder der 26 Mitglieder eine akademische Gesangsausbildung durchlaufen. Die somit gewährleistete stimmliche Flexibilität und Größe ermöglicht eine klangliche Breite und farbliche Differenzierung ohnegleichen.
Funde, die Hagen Enke wirksam zu steuern und gezielt einzusetzen vermochte. Etwa in dem von ihm gesetzten »O Du Fröhliche«, das in seiner affektvollen Ausdeutung Effekt machte. So präzisionsgeschärft und eloquent dargeboten, gewannen viele der »alten Gassenhauer« ganz neue, aufregende Höraspekte - ohne ihre angestammte Wirkkraft zu verleugnen.
Ein weiterer Bonus des Opernchores besteht in seiner multikulturellen Zusamnensetzung. Zahlreiche Nationen sind in ihm vertreten. Wird diesem Umstand normalerweise keine Rechnung getragen, so bot das Konzert eine willkommene Gelegenheit, die vielfältigen, folkloristischen Weihnachtsbräuche vorzuführen. Neben Beiträgen aus Frankreich, Polen, Rumänien, Bulgarien und Georgien bot die koreanische Fraktion im Chor wohl die größte Überraschung, indem sie das Gebet des Heiligen Franziskus in ihrer Muttersprache präsentierte.
Rezitationen und Musik sowie chorische und solistische Beiträge wechselten geschickt zusammengestellt und sorgten für ein kurzweiliges wie beglückendes Konzerterlebnis, bei dem es dann auch nicht schwer fiel, die kitschige Weihnachtsdekoration und den abgewetzten Steinway einfach auszublenden. Bei den frostigen Temperaturen im Saal, bezogen auf die Vormittagsvorstellung, wurde es schon schwieriger. Wie gut, dass der Opernchor von innen wärmte.

Artikel vom 11.12.2006